Sonntag, April 01, 2012

Troika über Europa

Noch steht die Quadriga über dem Brandenburger Tor. Vielleicht steht dort bald eine Troika?

Zumindest 1-mal war die Quadriga schon weg:


1806, nach der von Preußen verlorenen Schlacht bei Jena und Auerstedt wurde das Vier-Gespann auf dem Brandenburger Tor auf Geheiß von Kaiser Napoleon abmontiert und nach Paris gebracht, jedoch 1814 von General Blücher dann wieder zurück geholt. Beim nächsten Mal werden sie wohl die Investment-Banker vom Tor holen und einen schönen Platz für sie aussuchen: Vielleicht in Washington, wo der Internationale Währungsfond (IWF) seinen Sitz hat? Oder auf dem Euro-Tower in Frankfurt, Sitz der Europäischen Zentralbank EZB? Oder in Manhattan in der Walls-Street, vielleicht dort neben dem Bullen oder an Stelle des Bullen,


der heute noch in der Nähe der Wall-Street im Bowling-Green-Park steht und ein Zeichen sein soll für den Optimismus der New Yorker Börse. 
Auch die Pine-Street in New York wäre kein schlechter Standort, denn dort wurde 1869 in einem kleinen Zimmer von dem deutschen Auswanderer Marcus Goldmann Goldmann-Sachs (GS) gegründet, das weltweit tätige Investment-Banking-Unternehmen, heute einer der 29 Großbanken, die "too big to fail" sind.  

Und man muss ja nur eins der vier Pferde der Quadriga abmontieren, um aus der Quadriga eine Troika zu machen.
Im aktuellen Sprachgebrauch steht der Begriff "Troika" für das Dreiergespann Europäische Kommission – Europäische Zentralbank – Internationaler Währungsfonds bzw. das mit Vertretern dieser drei Institutionen besetzte Kontroll-Gremium.
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Schon werden einige Länder Europas von der Troika und/oder Investmentbankern regiert. Das Vorgehen der Troika setzt praktisch die griechische (und andere) Demokratien außer Kraft. Die Troika verlangt von den griechischen Parteien, sich vor der nächsten Wahl vertraglich auf die Fortsetzung ihrer Politik zu verpflichten. Die 44 Abgeordneten, die die Zustimmung zum Sparpaket ablehnten, wurden aus ihren Parteien ausgeschlossen.

  • Der italienische Ministerpräsident Berlusconi hat alle Skandale und an die 60 parlamentarische Verfahren zu seiner Absetzung überlebt, abgesetzt haben ihn schließlich die Rating-Agenturen. 
  •  Neuer Ministerpräsident Italiens ist seit November 2011 Mario Monti - ein Investmentbanker und Berater für Goldmann-Sachs und Coca Cola. 
  • Auch Loukas Papadimos, seit November 2011 Griechenlands neuer Ministerpräsident, ist Banker, ging bei Goldmann-Sachs in die Lehre und war u.a. Vizepräsident der EZB (siehe oben).
  •  Spaniens neuer Ministerpräsident Mariano Rajoy Brey (seit Dezember 2011 im Amt) ist zwar kein Banker, aber der Staats-Haushalt Spaniens steht ebenso wie der Griechenlands nicht mehr unter Kontrolle des Parlaments, sondern unter der Kontrolle des IWF - obgleich in der parlamentarischen Demokratie das Budgetrecht, die Hoheit über den Staats-Haushalt des Landes, eigentlich als "Königsrecht" jedes Parlamentes gilt. 

              So wie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts viele Länder Lateinamerikas unter dem Diktat des IWF standen, so müssen sich in diesem 21. Jahrhundert immer mehr europäische Länder den Auflagen des IWF beugen - und die bedeuten damals wie heute: Strikte Beschränkung der staatlichen Ausgaben, Erhöhung der Steuern (meistens nicht für die wirklich Wohlhabenden), Massenentlassungen, Kürzung der Sozialausgaben, der Bildungsausgaben usw., Umschichtung der Gelder in die Kassen der Großbanken, die "too big to fail" sind (siehe oben).

Seit Beginn der Finanzkrise haben die Regierungen der EU Milliarden Euros aus Steuergeldern, getarnt als "Rettungspaket" und "Hilfe" an Griechenland, Italien, Spanien, Portugal in die Kassen der Banken gelenkt. 
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Deutschland kommt bisher noch relativ gut weg, 

doch die Troikas kreisen vielleicht schon über dem Brandenburger Tor. Noch brummt die deutsche Wirtschaft - auch wegen des Lohnverzichts, den die deutschen ArbeitnehmerInnen seit vielen Jahren geleistet haben und dank des Nachholbedarfs z.B. Chinas, das in den letzten 30 Jahren 50 Millionen Menschen aus der Armut in den Mittelstand geführt hat. - Und Neuen Reichen dort möchten Porsche fahren, die Parteispitze Audi und die Taxifahrer VW...

Was ist der zentrale Konflikt unserer Zeit?


  • "There's class warfare, all right, but it's my class, the rich class, that's making war, and we're winning."
  • Es herrscht Klassenkampf, richtig, aber es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.

Das Zitat von Warren Buffet, Jahrgang 1930, gibt es in verschiedenen Übersetzungen und Zusammenhängen.

"Die Habgier feiert Triumphe wie nie zuvor", geiz ist geil....
  • In Deutschland besitzt das reichste 1% der Bevölkerung 1/3 des gesamten Vermögens.

  • Etwa 500 Personen verfügen über 2/3 des weltweiten Vermögens. Warren Buffet ist bei den Top 3 dabei, er soll ein Privat-Vermögen von 44 Milliarden Dollar besitzen und hat sein Geld selber in seinem Investment-Unternehmen angelegt. - Er scheint sich aber vom Saulus zum Paulus gewandelt zu haben.
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Über den Ausweg aus der Krise
waren sich die Philosophen im März in Wuppertal einig: 


"Die Verpflichtung aber, die heute ergeht, bestehe darin, so Habermas und Brunkhorst, das Zeit-und Handlungsfenster, das durch das Versagen des Neoliberalismus aufgestoßen worden sei, zu nutzen. Illusionslos, ernüchtert, ohne Seitenblicke auf ausgetretene „Dritte Wege“, 
aber doch entschieden gehe es heute darum, 

  • „Bankenkomplexe zu zerschlagen, 
  • eine Transaktionssteuer einzuführen, 
  • Investitions- und Geschäftsbanken zu trennen“ 
  • sowie die demokratische Konstitutionalisierung Europas zu erkämpfen. 
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