Sonntag, Januar 09, 2005

Belohnt der Sozialstaat die Faulen?

"Selbstverantwortung statt Sozialstaat!"
Hört sich gut an! Doch: "Selbstverantwortung ist ein würdiges Unwort des Jahres" (Prof. Butterwegge). Es kommt von denen, die häufig die Möglichkeit haben, sich an Kalten Büffets satt zu essen.
Seit der Wirtschaftkrise Mitte der 70er Jahre wurde der Sozialstaat in Deutschland permanent abgebaut. Mit Hunderten von Gesetzen wurden die Leistungen immer weiter gekürzt. Für arme Menschen ist der Sozialstaat die Möglichkeit, überhaupt ihre soziale Existenz zu sichern. Der Begriff "Selbstverantwortung statt Sozialstaat" tut so, als würden die Menschen nicht versuchen, ihre Existenz selber zu sichern. -
In den letzten Jahren und Jahrzehnten sieht man vermehrt Arme und Bettler in den Straßen, und das hat (auch) damit zu tun, dass der Sozialstaat zunehmend abgebaut wird, nicht damit, dass der Sozialstaat diese Menschen daran hindert, wirtschaftlich produktiv zu werden und Geld zu verdienen.

Auf der anderen Seite ist es heute so, dass die Firma BMW zum Beispiel weniger Steuern zahlt als der Pförtner von BMW. Belohnt der Sozialstaat die Faulen und bestraft die Fleißigen? Nein. Bei Hartz IV werden ab 2005 zum Beipspiel den Langzeitarbeitslosen die Zuwendungen gekürzt; und gleichzeitig sank der Spitzensteuersatz am 1. Januar für die Best-Verdienenden von 45 auf 42%. Ein Einkommens-Millionär spart dadurch in diesem Jahr exakt 30.000 EURO Steuern. -
Was macht er mit diesen 30.000? Seiner Frau noch einen weiteren Brillantring kaufen und damit die deutsche Wirtschaft ankurbeln? Nein, er wird das Geld dort anlegen, wo ihm am meisten weiterer Profit versprochen wird, auf dem internationalen Aktienmarkt zum Beispiel. -

Wenn man dasselbe Geld Langzeitarbeitslosen oder sozial Benachteiligten und Bedürftigen geben würde, würden diese es mit ziemlicher Sicherheit ausgeben, um vor Ort im Einzelhandel dringend benötigte Konsumgüter zu kaufen. -
Das heißt: Die derzeitige Sozialpolitik ist nicht nur sozial ungerecht, sondern auch noch ökonomisch falsch und irrational.
(Nach Prof. Butterwegge, SWR-Forum, Dezember 2004)

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