Samstag, Dezember 30, 2006

Mahatma Gandhi und der Irak


Anfang des 21. Jahrhunderts
wehrt sich die irakische Bevölkerung gegen die Besatzungstruppen einer westlichen Koalition. Sie wehrt sich gewaltsam. Ob es auch Personen und Gruppen gibt, die - in der Tradition Gandhis - gewaltlos und mit zivilem Ungehorsam gegen die Besatzung und für die Unabhängigkeit kämpfen, ist aktuell nicht bekannt.

Anfang des 20. Jahrhunderts
wehrte sich die indische Bevölkerung gegen die britischen Besatzungstruppen.
"Er [Gandhi], und nur er, war dafür verantwortlich, dass sich die Forderung nach Unabhängigkeit in eine landesweite Massenbewegung verwandelte, die alle Gesellschaftsschichten gegen die Imperialisten mobilisierte [...].
Die Gandhische Gewaltlosigkeit wird vielfach als der Weg verstanden, auf dem Indien zur Unabhängigkeit fand. [...] Aber die indische Revolution verlief durchaus gewaltsam, und diese Gewalttätigkeit enttäuschte Gandhi so sehr, daß er aus Protest den Unabhängigkeitsfeierlichkeiten [1947] fernblieb."
(Salman Rushdie).

Gandhis Aufruf zur Verweigerung jeder Zusammenarbeit mit dem britischen Kolonialreich hatte Anfang der 1920er Jahre ganz Indien elektrisiert. Eine nie dagewesene Hoffnung und Begeisterung hatte sich damals der indischen Massen bemächtigt, die Hoffnung darauf, Selbstbestimmung und Befreiung von der britischen Besatzung seien nur eine Frage von Monaten.
Die Hoffnung hatte einen Dämpfer erhalten durch gewalttätige Zusammenstöße in Bombay und Madras und besonders durch einen Zwischenfall in dem Dorf Chauri Chaura:

Am 4. Februar 1922 hatte die Polizei zwei Demonstranten verprügelt. Durch die aufgebrachte Menge wurden daraufhin 15 Polizisten zu Stücken zerhackt und eine Polizeistation samt Polizisten in Brand gesteckt. Alle getöteten Polizisten waren Inder. Vor dem Zwischenfall gab es bereits andere Angriffe auf europäische Zivilisten und Polizeioffiziere. -

Gandhi kam zu der Überzeugung, dass der Aufstand außer Kontrolle geriet. Er entschied, seinen Aufruf zum nationalen Aufstand auszusetzen und sich nicht bloß für den Gewaltausbruch zu entschuldigen. Er kündigte ein unbegrenztes Fasten an, dass er erst mit der Einstellung jeden Widerstands beenden wollte. Millionen von Aktivisten, viele durch den Wechsel überrascht, gaben ihren Aufstand auf, um Gandhis Leben zu bewahren.

Gandhi erklärte danach, die Gewalttätigkeiten hätten ihn zu der Überzeugung gebracht, dass das Land noch nicht reif sei für die Unabhängigkeit.

Obwohl Gandhi den nationalen Aufstand im Alleingang beendet hatte, wurde er verhaftet. Jetzt ließ man ihm den Prozess machen, bei dem Gandhi keinen Versuch unternahm, sich zu verteidigen und selbst die Verantwortung für die Tötungen übernahm, weil er die Menschen zu wenig trainiert und friedliche Methoden zu wenig betont habe. - Er wurde zu sechs Jahren Haft wegen umstürzlerischer Veröffentlichungen verurteilt. Eine Blinddarmoperation nahm die Regierung in Delhi später zum Anlass, Gandhi bereits nach zwei Jahren aus dem Yervada-Gefängnis freizulassen.

Die Briten glaubten, Gandhi habe seine politische Zukunft hinter sich. In ihren Augen widmete er sich irgendwelchen esoterischen Sozialprogrammen, die weit davon entfernt waren, eine Bedrohung für das britische Empire sein zu können. "Der arme Gandhi ist tatsächlich von der Bildfläche verschwunden! Mit seinem Spinnrad gibt er eine genauso lächerliche Figur ab wie der letzte Minnesänger mit seiner Harfe, nur dass er keine so charmante Zuhörerschaft anzieht." (Lord Birkenhead, Staatsminister für Indien).

Gandhi selber lebte in seinem Ashram bei Ahmedabad mit ca. 150 Personen zusammen. Die Briten hatten ihn zwar abgeschrieben, doch die Inder warteten auf seinen nächsten Schritt.
Gandhi selber erklärte immer wieder, die indische Unabhängigkeitsbewegung habe nur eine andere Gestalt angenommen: Die Form einer politischen Moralerziehung,
  • bei der die Betonung auf handwerklichen Arbeiten wie Spinnen lag,
  • auf dem Kampf gegen das Dogma der Unberührbarkeit in der hinduistischen Gesellschaft
  • und auf der Einheit von Hindus und Moslems. -

Besonders wütend über diesen Schritt Gandhis waren die Studenten, die er aufforderte, sich an seinen neuen Kampganen zu beteiligen, die aber deren Sinn nicht einsahen. Viele teilten die britische Einstellung, Gandhi sei irrelevant geworden und richteten ihre Hoffnung jetzt auf junge Revolutionäre im Punjab und in Bengalen, die gewaltsame Methoden für den Sturz der Briten propagierten.

Viele Nationalisten hatten das Gefühl, die Nichtkooperations-Bewegung hätte nicht wegen einiger isolierte gewalttätiger Zwischenfälle gestoppt werden sollen. Zeitgenössische Historiker und Kritiker vermuten, dass die Bewegung erfolgreich genug genug gewesen wäre, um der britischen Herrschaft das Genick zu brechen und die Unabhängigkeit möglicherweise vor 1947 möglich gewesen wäre. Andere Historiker und indische Politiker dieser Zeit verteidigen Gandhis Entscheidung. Wenn er die Revolte nicht gestoppt hätte, wäre Indien möglicherweise in einer anarchistischen Rebellion versunken.

Salman Rushdie:
»Für Jawaharlal Nehru war das prägende Bild Gandhis, "wie er sich 1930 mit dem Pilgerstab in der Hand auf den Salzmarsch nach Dandi machte. Er war der Pilger auf der Suche nach der Wahrheit: ruhig, friedlich, entschlossen und furchtlos, und man spürte, er würde seine Suche und Pilgerschaft fortsetzen, komme, was da wolle."
Nehrus Tochter, Indira Gandhi, sagte später: "Mehr als seine Worte war sein Leben die Botschaft."

Diese Botschaft wird heute eher außerhalb Indiens beherzigt. Albert Einstein zählte zu den vielen Bewunderern von Gandhis Leistungen; Martin Luther King, der Dalai Lama und alle Friedensbewegungen der Welt sind seinem Vorbild gefolgt. Gandhi, der das kosmopolitische Dasein aufgab, um ein Land zu gewinnen, ist in seinem seltsamen Leben nach dem Tod wieder zum Weltbürger geworden. Vielleicht erweist sich sein Geist doch noch als unverwüstlich, klug, zäh, raffiniert und - jawohl - als moralisch genug[...]. Gegen dieses neue Imperium ist Intelligenz allemal eine bessere Waffe als Frömmigkeit. Und passiver Widerstand? Wir werden sehen



udopia/rushdie/kakar/wikipedia

Hussein heute gehängt. Von der Diktatur zur Barbarei.

Der irakische Ex-Präsident Saddam Hussein ist hingerichtet worden. Saddam Hussein und seine beiden Verbündeten (sein Halbbruder Barsan el Tikriti sowie der ehemalige Präsident des Revolutionstribunals Awad el Bandar) waren wegen der Ermordung von 148 Einwohnern des Dorfes Dudschail in den 80er Jahren zum Tod durch den Strang verurteilt worden.
(s. auch den Post vom 23.8.2006 zum Gerichtsverfahren)

Während der würdelosen Hinrichtung wurden von Wachleuten oder Zuschauern (wahrscheinlich mit privaten Handys) auch private Filmaufnahmen gemacht, Hussein wurde verspottet und nach der Hinrichtung wurden offenbar Freudentänze aufgeführt. In der Video-Aufzeichnung sind Wortgefechte zu hören, die den Diktator beschimpfen und ihm zurufen, er solle zur Hölle fahren. Als Saddam zum zweiten Mal das islamische Glaubensbekenntnis sprechen will, öffnet sich gerade beim Wort Mohammed unter ihm die Falltür des Galgens.

Und der Irak und seine Bevölkerung?

Bis Oktober 2006 stieg die Zahl der im Bagdader Leichenschauhaus monatlich eingelieferten Gewaltopfer auf 2722. Die meisten gingen auf das Konto der Milizen schiitischer Regierungsparteien und von Todesschwadronen innerhalb der Sicherheitskräfte.

Insgesamt 650.000 Iraker waren von März 2003 bis Juni 2006 Opfer von Krieg und Besatzung geworden, so das Ergebnis einer im Oktober in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet veröffentlichten Studie, 600.000 davon starben eines gewaltsamen Todes. Die Zahl der Opfer hat sich jedes Jahr beinahe verdoppelt, bis zum 4. Jahrestag des Krieges wird daher, so steht zu befürchten, die Gesamtzahl die Millionengrenze überschritten haben. Die Hälfte bis zwei Drittel der Gewaltopfer wurden von den Besatzungstruppen oder den US-geführten irakischen Hilfstruppen selbst getötet, ein Siebtel allein durch Luftangriffe.

Von diesen tödlichen Kampfeinsätzen, den oft wochenlangen Belagerungen und Bombardierungen ganzer Städte und Stadtviertel hört und sieht man hierzulande so gut wie nichts. Berichtet wird nur über die Anschläge irakischer Kräfte auf die Zivilbevölkerung, Morde und Entführungen. Informationen über Hintergründe sucht man vergebens. Selten erfährt man etwas über die politische Ausrichtung der irakischen Akteure, angegeben wird meist nur deren mutmaßliche Konfession. So entsteht Stück für Stück das falsche Bild eines Krieges zwischen »den Sunniten« und »den Schiiten«, »den Arabern« und »den Kurden«.
(jw/udopia)

Alive in Baghdad

Brigan Conley, 26-jähriger US-Amerikaner, ist der Gründer von Alive in Bagdahd. Jede Woche stellt ein irakisches Team neue kurze Videos auf die Website des Web-Logs, die den Alltag der Menschen im besetzten Irak dokumentieren. - Es geht um durch US-Munition Uran-verseuchte Kinder, um Überlebende von Autobomben-Attentate, fehlende Plätze auf Friedhöfen, Teenager berichten aus dem Krieg, Ex-Häftlinge aus dem Gefängnis Abu Ghraib...

Iraker drehen die Filme vor Ort, ein anderes Team in den USA kümmert sich um die Übersetzung. Im Dezember 2006 wurde die Website in den USA mit dem "Vloggie" augezeichnet, ein Preis, mit dem Video-Blogs prämiert werden.


2006: Lateinamerika wählte linker.

[…]
  • In Venezuela ist Hugo Chávez gerade erst überzeugend in seinem Amt bestätigt worden.
  • Auch "Lula" da Silva hat im Oktober mit dem zweiten Wahlgang die Präsidentschaft Brasiliens erneut für sich gewonnen.
  • In Ecuador wies Rafael Correa Ende November mit überraschenden 56 Prozent den Kandidaten der Oligarchie, den "pathetischen Populisten und Scharlatan" - so der ecuadorianische Publizist Javier Ponce über Álvaro Noboa - in die Schranken. Correas designierter Energieminister Alberto Acosta teilte bereits mit, die exzessiven Gewinne der Ölgesellschaften besser verteilen zu wollen.
  • Vor Monaten schon setzte sich Michelle Bachelet als sozialistische Bewerberin um das höchste Staatsamt Chiles durch.
  • In Bolivien regiert mit Evo Morales erstmals ein Staatschef mit indigener Herkunft.
  • Nicht zu vergessen die Rückkehr Daniel Ortegas an die Spitze Nicaraguas.
  • Schließlich Mexiko, das der Südamerikanischen Gemeinschaft als Beobachter angehört - dort hat sich López Obrador von der Partei der Demokratischen Revolution (PRD) zum Präsidenten einer "Neuen Republik" ausrufen lassen, nachdem er bei den Wahlen vom 2. Juli 2006 nur hauchdünn und vermutlich dank eines Wahlbetrugs dem Neoliberalen Felipe Calderón unterlegen war.
  • In Uruguay und Argentinien regieren mit Tabaré Vásquez und Néstor Kirchner ebenfalls zur südamerikanischen Linken tendierende Politiker.
(Elmar Altvater)
Elmar Altvater (* 24. August 1938) war Professor für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der FU-Berlin. Elmar Altvater engagierte sich für die Grünen, ging jedoch nach dem Kosovo-Krieg zunehmend kritisch auf Distanz. Heute wirbt er für Attac und das Weltsozialforum. Zudem schreibt er regelmäßig für die Wochenzeitung Freitag.

Obwohl von Elmar Altvater als "links" bezeichnet, zählt der US-Soziologe James Petras
die Länder
  • Argentininien
  • Brasilien
  • Chile und Uruguay
zu den neoliberal-regierten Staaten Süd-Amerikas.
Kolumbien, Paraguay, Peru
und die Mehrheit der Regierungen der Staaten Mittel-Amerikas sind weiterhin strikt auf US-Kurs.


Donnerstag, Dezember 28, 2006

Unser Gas aus Turkenistan und Weißrussland









Unser Gas aus Turkmenistan...


Noch nicht im Rentenalter angekommen verstarb kurz vor Weihnachten 2006 unerwartet der "Vater aller Turkmenen", der "Turkmenbaschi" Saparmurad Nijasow. Turkmenistan verfügt nach Russland über die zweithöchsten Erdgasreserven im Raum der Ex-UdssR, ca. 2 Billionen Kubikmeter schätzt man. Der weitaus größte Teil des Gases aus Turkmenistan wird von der russischen Gasprom aufgekauft [ Ex-Bundeskanzler Schröder sitzt seit März 2006 im Aufsichtsrat von Gasprom] und nach Westeuropa und in die Ukraine weiter verkauft. Die einzige internationale Pipeline aus Turkmenistan verläuft über russisches Gebiet. Der vestorbene Turkmenbaschi erwog kurz vor seinem Tod, neue Pipelines zu bauen, die bis Indien und China reichen sollten. - Die USA und Westeuropa ihrerseits versuchten, ihn zum Bau einer neuen Pipeline zu bewegen, die unter Umgehung Russlands durch das Kaspische Meer gen Westen laufen sollte. Daraufhin zahlte Gasprom den Turkmenen 100 US-Dollar für 1000 Kubikmeter, fast 50% mehr als vorher, und der Turkmenbaschi vergaß erst einmal die neue Gasleitung gen Westen.

... und Weißrussland.
Übrigens: Von Weißrussland (Belarus) möchte Gasprom ab 2007 gerne 200 US-Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas haben statt bisher 47 US-Dollar. Präsident Lukaschenko in Minsk hatte vor 2 Jahren schon einmal gedroht, im Gegenzug die russischen Pipelines gen Westen zu drosseln, wenn Gasprom auf Preiserhöhungen besteht. Weißrussland selber möchte nicht mehr als Smolensk zahlen, eine russische Stadt nahe an der Grenze zu Weißrussland; diese zahlt 54 Dollar.

Mittwoch, Dezember 20, 2006

Weihnachten am Hindukusch



Irak ist ein Debakel...

Etwa jede viertel Stunde gibt es einen Anschlag gegen die US-Besatzungsmacht. Bislang kamen etwa 3000 US-Soldaten ums Leben.


... Und Afghanistan ist dabei, eins zu werden.


Für Afghanistan war 2006 das blutigste Jahr,
seit die US-Streitkräfte den Krieg am 7. Oktober 2001 mit Luftangriffen begannen. Nach Angaben der Regierung in Kabul wurden in den vergangenen zwölf Monaten fast 4000 Afghanen getötet. Die US-amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schätzt, daß darunter über 1000 Zivilpersonen waren.

Allein im ersten Halbjahr 2006 warf die US-Luftwaffe auf Afghanistan mehr Bomben ab als in den ersten drei Kriegsjahren 2001–2003 zusammen.

Bis Mitte Dezember wurden im laufenden Jahr 190 NATO-Soldaten getötet. Die Verluste der US-Streitkräfte liegen mit 97 leicht unter dem Vorjahr (99). Dagegen wurden dreimal soviel Soldaten anderer NATO-Staaten getötet wie 2005: 93. Betroffen sind davon fast ausschließlich Briten und Kanadier, die in den vergangenen zwölf Monaten weit mehr Soldaten verloren als in den vorausgegangenen vier Kriegsjahren zusammen. Bis Mitte Dezember starben in diesem Jahr 35 Kanadier und 38 Briten.

Insgesamt starben in diesem Krieg bisher 515 NATO-Soldaten, darunter 356 US-Amerikaner. Bei der Besetzung Afghanistans im Herbst-Winter 2001 kamen lediglich 12 Soldaten ums Leben.

Für das kommende Jahr wird eine Ausweitung und Verschärfung der Kämpfe prognostiziert.

In Afghanistan sind jetzt rund 41000 ausländische Soldaten stationiert. - 31000 von ihnen, darunter etwa 13000 US-Soldaten, unterstehen dem Kommando der NATO.
Weitere 10000 US-Amerikaner sind darüber hinaus im Rahmen der Operation Enduring Freedom in Nordostafghanistan aktiv. - Seit Anfang Oktober fordert die NATO eine dringende Verstärkung der Truppen um mindestens 5000 Mann. Bisher hat sich lediglich Polen, das derzeit nur mit einem Mini-Kontingent von zehn Mann präsent ist, zur Entsendung von 900 Soldaten im kommenden Februar bereiterklärt.

Die Situation für die NATO-Truppen wird sich im Jahr 2007 wahrscheinlich weiter verschlechtern und besonders den Briten und Kanadiern erneut hohe Verluste bringen. In beiden Ländern lehnt die Mehrheit der Bevölkerung den Krieg zunehmend ab. Die Forderung nach einer »gerechteren Verteilung der Lasten« wird im kommenden Jahr noch lauter und deutlicher vorgetragen werden. Sie richtet sich vor allem an die Bundeswehr, die eine bisher weitgehend sichere Besatzungszone in Nordafghanistan zugeteilt bekommen hat. Der Bundestag hat schon im September 2005 grünes Licht für den Einsatz deutscher Soldaten in ganz Afghanistan gegeben. Das könnte im Jahr 2007 erstmals zu praktischen Konsequenzen, sprich direkter Beteiligung an Kampfeinsätzen auch in Südafghanistan, führen. ( nach jW, 20.12.06)

Samstag, November 18, 2006

Vom Imperialismus zum Kolonialismus...


Unter
"Imperialismus"
verstehen Politologen eine indirekte Kontrolle über periphäre Regionen der Erde zum Zwecke der Ausbeutung von Menschen und Rohstoffen. Indirekt insofern, als das Land mittels wirtschaftliche Strukturen ausgebeutet wird oder über Stellvertreter- und Marionettenregierungen - nicht durch direkte Intervention und Besetzung.
Die Auflagen zur Strukturanpassung, die der IWF den bei ihm verschuldeten Ländern machen konnte und kann, sind zum Beispiel eine solche Form der indirekten Herrschaft.

"Kolonialismus"
nennen die Politologen (und Politologinnen) die Ausbeutung dann, wenn sie durch direkte Kontrolle und eine formelle Herrschaft über ein Land oder eine Region geschieht. Der Imperialismus geht - historisch betrachtet - oft dann in Kolonialismus über, wenn es dem Imperium darum geht, Mit-Konkurrenten in der Region auszuschalten; oder wenn sich die Region gegen die Ausbeutung wehrt durch Widerstand, Aufstände oder Revolution.

Heute
sind "wir" dabei, (die EU, die USA...) erneut diese Schwelle zu überschreiten. Grund dafür sind wachsende Widerstände gegen die weltweit vorherrschende Politik des Neoliberalismus, die insbesondere die USA zwingen, neue Seiten aufzuziehen und zu verschärften Mitteln zu greifen:
Es hat sich eine breite Anti-Globalisierungsbwewegung gebildet, der Islamische Fundamentalismus versucht Gegenstrukturen zu schaffen, in Lateinamerika (in Venezuela, Bolivien, Nicaragua und anderswo) wird neuerdings wieder links gewählt, die Armuts-Schere geht immer weiter auseinander, man spricht in manchen Ländern von IWF-Riots, von Aufständen gegen die Strukturanpassungsprogramme des IWF; durch steigende Rohstoffpreise können sich Länder aus der Schuldknechtschaft des IWF befreien, indem sie ihre Schulden vorzeitig zurückzahlen...- Kurzum: Es knirscht gewaltig im System.

Der Widerstand und die Kriege
entstehen nicht aus dem Nichts. Untersuchungen der Weltbank bestätigen, dass nicht ethnische oder religiöse Konflikte die primären Ursachen für Unruhen und Bürgerkriege sind. Sondern es gibt zwei zentrale Zusammenhänge: Die Wahrscheinlichkeit für Bürgerkriege steigt weltweit immer dort, wo Armut herrscht und zugleich Rohstoffreichtum. Wachsende Armut + Rohstoffreichtum > Unruhen und Widerstand.

Ziel der aktuellen Militärstrategien in den USA und in der EU ist es, die (durch die neoliberale kapitalistische Wirtschaftspolitik selbst erzeugten) Widerstände im Keim zu ersticken, bevor es zu einer Destabilisierung des ganzen Systems kommen kann. Bevor das ganze System zur Disposition steht, sollen die Unruhen durch direkte militärische Interventionen rechtzeitig unterdrückt werden.

Der "gut-nachbarschaftliche Imperialismus"

Begründet werden die neuen Militärinterventionen stets als selbstlose Unterfangen im Dienste der Humanität. Musterbeispiel dafür ist Joseph ("Joschka") Fischers Argumentation in seiner Zeit als grüner deutscher Außenminister im Zusammenhang mit den völkerrechtswidrigen Angriffen der NATO auf Ex-Jugoslawien; am 7. April 1999 sagte der Außenminister : „Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz.“ Vier Jahre vorher hatte er noch erklärt: „Ich bin der festen Überzeugung, dass deutsche Soldaten dort, wo im Zweiten Weltkrieg die Hitler-Soldateska gewütet hat, den Konflikt anheizen und nicht deeskalieren würden.“ - Ein schönes Beispiel für den Übergang zum Kolonialismus...

Und so hören sich die drei klassischen Argumentationsmuster für die militärische Intervention an:
  • Man kann ja nicht tatenlos zusehen, wenn anderswo die Menschen sich die Köpfe einschlagen.
  • Und (seit dem 11.9.2001 als Gottesgeschenk für diese Argumentation): Man muss die "Brutstätten des Terrorismus" ausrotten.
  • Und natürlich: "Wir" sind ganz unschuldig an diesem Krieg, da können wir gar nichts dazu....
Der Politologe Jürgen Wagner:
"Der gegenwärtig einflussreichste Vordenker US-amerikanischer Militärplanung ist der Pentagon-Berater und Professor am Naval War College, Thomas P. Barnett. Er vertritt, analog zur amerikanischen Sicherheitsstrategie, die Auffassung, die größte Bedrohung für die Vereinigten Staaten gehe von einer so genannten Bedrohungstriade, bestehend aus der Zunahme des Terrorismus, der Verbreitung von Massenvernichtungsmitteln und dem Scheitern staatlicher Systeme aus. Diese Gefahren würden überall dort auftreten, wo sich Länder westlichen Ordnungsvorstellungen widersetzen. Deshalb sei es die Aufgabe des US-Militärs, der »Nichtintegrierten Lücke«, den Staaten, die sich nicht in das Schema neoliberaler Globalisierung einpassen (lassen), zu verdeutlichen, dass die USA nicht gewillt sind, dies zu tolerieren: »Verliert ein Land gegen die Globalisierung oder weist es viele Globalisierungsfortschritte zurück, besteht eine ungleich höhere Chance, dass die Vereinigten Staaten irgendwann Truppen entsenden werden. [...] Umgekehrt gilt: Funktioniert ein Land halbwegs im Rahmen der Globalisierung, dann sehen wir in der Regel keine Veranlassung, unsere Truppen zu schicken, um für Ordnung zu sorgen, oder eine Bedrohung zu beseitigen.«"
Zu der "nicht-integrierten Lücke" zählen für ihn viele Länder Südamerikas, ganz Afrika, komplett Zentralasien, Teile Asiens...

In Europa ist Robert Cooper, Autor der Europäischen Sicherheitsstrategie ESS, der Geistesverwandte von Thomas Barnett: Allen Staaten, die sich nicht freiwillig der neuen Weltordnung unterwerfen wollen, droht, so Cooper wörtlich, "der gut nachbarschaftliche Imperialismus". Im Klartext heißt das: "Verantwortliche" Staaten dürfen notfalls auch militärisch intervenieren, um Instabilitäten in ihrer Nachbarschaft zu verhindern. Als leuchtendes Beispiel für diesen "gut nachbarschaftlichen Imperialismus" führt Cooper die "humanitäre Intervention" der NATO im Kosovo an. Das dort errichtete NATO-Protektorat zeige wie kein anderes Beispiel, wie gut »der neue Kolonialismus (!) Ordnung und Organisation« bringen kann.

Das Prinzip der Nichteinmischung - so diese Denkrichtung - gelte nicht mehr, weil diese Staaten in der Lücke (gap) "uns", den Kern (core), gefährden. Die Soldaten, die die Intervention durchführen, gelten als Body-Guards oder System-Administratoren der Globalisierung. Für Cooper, ehemals außenpolitischer Chef-Berater von Tony Blair, gelten "doppelte Standards": Rechte und Gesetze, die für "uns" im "Kern" gelten, gelten für die nicht-integrierte Lücke noch lange nicht. Dass bei "uns" Folter verboten ist, heißt nicht notwendiger Weise, dass "wir" sie im Irak nicht anwenden dürfen. Dass "wir" selber gegen den Atomsperrvertrag verstoßen ist kein Widerspruch dazu, dass wir eben dieses dem Iran vorwerfen...

Und das "Defence Science Board" des Pentagon hat auch schon ausgerechnet, wie viele Soldaten für den gut-nachbarschaftlichen Imperialismus nötig sind: 20 Soldaten auf 1000 Einwohner für 6-8 Jahre.

Treuhandschaft und Protektorat

Als 1. neues Kolonial-Regime gilt den Politologen Bosnien-Herzegowina (1995).
Als 2. der Kosovo (gemäß UNO-Resolution 1244 aus dem Jahre 1999):

Nominell gehört der (das) Kosovo zu Serbien, steht aber de facto unter Verwaltung der Vereinten Nationen. Die Sicherheit wird von der nun durch ein UN-Mandat legitimierten Friedenstruppe Kosovo Force (KFOR) unter Führung der NATO garantiert. Die politische Arbeit teilen sich die UN-Mission Kosovo UNMIK und die von ihr gegründeten lokalen „Institutionen der provisorischen Selbstverwaltung“ (PISG). - Als Leiter der UNMIK und Sonderbeauftragter des UN-Generalsekretärs (Special Representative of the Secretary General) fungiert seit 2006 der Deutsche Joachim Rücker, vormals Bürgermeister von Sindelfingen in Baden-Württemberg.

Praktisch sind alle legislativen und administrativen Funktionen des Kosovo auf die UNMIK übergegangen. Die Gesetze, die das 120-köpfige Parlament verabschiedet, sind Makulatur, wenn sie gegen einen Erlass von UNMIK verstoßen. Die UNMIK kann Verträge mit Nachbarländern abschließen, Staatsbesitz verkaufen, streikende Arbeiter in Minen von NATO-Soldaten vertreiben lassen, Minister entlassen, eigene Vorschriften mit Gesetzes-Rang erlassen.

Die neuen Militärstrategien
Da aktuell weder die US- noch die europäischen Soldaten für eine längere Besatzung ausgebildet sind, muss die Ausbildung der Armeen verändert werden. Barnett fordert eine 2-Teilung der Truppen: Der 1. Teil ist wie bisher für die Intervention zuständig, der neue 2. Teil wird als Besatzungs-, Kolonial- oder System-Administrations-Truppe ausgebildet, um Verwaltung, Justiz, Polizei, Aufbauhilfe übernehmen zu können. Es kommt zu einer Vermischung von militärischen und zivilen Aufgaben innerhalb der Armee selber.

Auch in Deutschland kommt es in der Praxis jetzt schon zu dieser Durchmischung: In Afghanistan ist die "Schutz"-Truppe ISAF inzwischen ganz offiziell zu Angriffen ermächtigt worden (und das zuvor heimlich in Afghanistan anwesenden Kommando Spezialkräfte KSK aus Calw darf den ISAF-Truppen nun auch ganz offiziell bei ihren Angriffen auf Afghanen helfen).
Die vor Ort tätigen (ursprünglich neutralen zivilen) Hilfs-Organisationen werden gegen ihren Willen vom Militär und der Politik in dieses Konzept einbezogen und werden so für die Bevölkerung zur Kriegs-Partei. (Das Konzept nennt sich CIMIC, Civil-Military Co-operation; siehe www.bundeswehr.de).
Die Bertelmann-Stiftung, Vordenker der europäischen Verteidigungspolitik, schlägt vor, die zivile Entwicklungshilfe nur noch den Ländern zu gewähren, die bereit sind, ihre Souveränität, ihre Hoheitsgewalt im eigenen Land, partiell aufzugeben.

Freitag, November 03, 2006

Internationale Schutzgruppe erfolgreich: Zwei mal 50 neue Leichen

Theorie und Praxis von ISAF in Afghanistan

Heute ist in der Zeitung zu lesen:
"Mit ersten Erfolgen hat die Internationale Schutzgruppe (ISAF) zusammen mit der Afghanischen Nationalen Armee (ANA) die Militäroperation "OQAB" (Adler) begonnen. Mehr als 50 tote Aufständische meldete ISAF am ersten Tag der Offensive aus der Provinz Urusgan, ebenso viele zwei Tage später aus dem Distrikt Daychopan in der Provinz Zabul."
So weit die Praxis.

Und die Theorie:
"Nach dem Sturz des Taliban-Regimes einigten sich die größten ethnischen Gruppen Afghanistans im November und Dezember 2001 anlässlich der Petersberger Konferenz auf eine »Vereinbarung über provisorische Regelungen in Afghanistan bis zum Wiederaufbau dauerhafter Regierungsinstitutionen« (Bonner Vereinbarung). Damit schufen sie die Grundlage für die internationale Truppe ISAF, deren Aufstellung der Weltsicherheitsrat am 20. Dezember 2001 beschloss. Sie soll im Auftrag der Vereinten Nationen die afghanische Regierung bei der Wahrung der Menschenrechte sowie bei der Herstellung und Wahrung der inneren Sicherheit unterstützen.
Darüber hinaus unterstützt ISAF die afghanische Regierung bei der Auslieferung humanitärer Hilfsgüter und der geregelten Rückkehr von Flüchtlingen."
(Text von der Homepage der Bundeswehr.de)

Samstag, Oktober 28, 2006

Jeder Krieg produziert Totenschädel.

Ihre Reden: semantisch gesäubert.

"Die Neo-Nazis zum Beispiel,
ja, sie gibt es immer noch,
diese Bande, wie wir sie kennen.
Die ihre Mörderhymnen grölt,
mit brennenden Fackeln durch Tore marschiert,
die rechten Arme ausgestreckt
zum Hass-Gruß.
Es sind nicht mal viele.
Und sind sie nicht auch so was wie
Pappkameraden,
die die anderen verdecken,
die anders daher kommen als damals?
Nicht mit Schulterriemen,
knarzenden Stiefeln, bellenden Stimmen,
nicht mit Wagner-und Marschmusik,
nicht stramm und steif.
Nein, diesmal lockerer,
zivilgesellschaftlich,
tänzelnd beinahe zu Pop und Fun.
Ihre Reden: semantisch gesäubert.
Statt Führer,
Leader,
statt Krieg und Eroberung,
humanitäre Intervention, …"
(Aus Franz Jose Degenhardt: Dämmerung. Zehn Lieder. 2006. „Auf der Heide“).

Bundeswehr. Das neue Weißbuch.

Der neue Entwurf des Weißbuchs für die Bundeswehr lässt keinen Zweifel an den Aufgaben deutscher Soldaten. Eindeutig bekennt sich das Dokument, das am 25. Oktober im Kabinett besprochen wird, zur Beteiligung der Bundeswehr an den Schnellen Eingreiftruppen von NATO und EU. Die Bundeswehr stellt demnach ihre »Eingreifkräfte« der NATO zur Verfügung, die »weit über die Grenzen des Bündnisses hinaus« tätig werde. Die »battle groups« der Europäischen Union, an denen sich die Bundeswehr ebenfalls beteiligt, müssen ein wenig kürzer treten: Für sie ist ein Aktionsradius von 6000 Kilometer rund um Brüssel vorgesehen.

Als »Zielvorgabe« bestätigt der Entwurf, gleichzeitig 14000 Bundeswehrsoldaten in fünf verschiedene Einsätze entsenden zu können. - Die zum Teil arg kriegerischen Formulierungen, die im Frühjahr im ersten Entwurf des Weißbuches standen, wurden in der überarbeiteten Fassung stark abgeschwächt. Dennoch ist deutlich herauszulesen, wozu die Einsätze dienen sollen. Ein halbes Dutzend Mal wird im Entwurf das deutsche Interesse »an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen« beschworen und darauf hingewiesen, dass Deutschlands »wirtschaftlicher Wohlstand vom Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen abhängt«.

In beiden Formationen spielt Deutschland eine maßgebliche Rolle: In der NATO Response Force (NRF), die am 1. Oktober 2006 ihre Einsatzbereitschaft gemeldet hat, und in den zwei EU-Battle-Groups, die ab 1. Januar 2007 in den Startlöchern stehen. In der NRF stellt die Bundeswehr mit 6700 von insgesamt 25000 Soldaten das größte Kontingent und mit Gerhard W. Back den Kommandeur. Außerdem marschiert die eine der beiden EU-Interventionstruppen mit einer Stärke von jeweils 1500 und 2000 Soldaten unter deutscher Flagge.

Das Bundesverteidigungsministerium definiert als Aufgabe der NRF: »Missionen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus zu bestehen«, [natürlich, was sonst?] und »den Kampf gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen führen zu können«, [so wie die USA im Irak?], »sowie die Evakuierung gefährdeter Zivilisten vorzunehmen«. Die Einsatzplanung der NRF sieht eine blitzartige Verlegung in ein potentielles Krisengebiet vor, innerhalb von fünf Tagen soll Gerät- und Mannschaft komplett vor Ort sein, Flugzeugträgergruppe und Luftstreitkräfte inklusive.

Von den geplanten 18 Battle Groups der EU werden zu Jahresanfang 2007 erst zwei starten können, die im Gegensatz zur NRF lediglich über begrenzte See- sowie Luftunterstützung verfügen. Als einziges konkretes Beispiel wird die Intervention »im Rahmen einer UN-Mission in Darfur genannt«. Da die Regierung Sudans eine Intervention in ihrer Westprovinz aber bekämpft, und zwar unabhängig von einer Absegnung durch den Sicherheitsrat, steht den Soldaten eventuell einiges bevor...


Am gleichen Tag sind deutsche Kriegsschiffe auf dem Weg in den Libanon -

Schnellboote mit schönen Namen wie „Nerz“ und „Dachs“ und „Ozelot“ und die Fregatte „Karlsruhe“ und andere. - Die deutsche Bundeskanzlerin "versprach" sich neulich, als sie sagte die Schiffe seien auf dem Weg, um Israel vor Angriffen aus dem Libanon zu schützen. Dabei hatte sie einen Moment vergessen, dass die Schiffe doch auf ausdrücklicher "Einladung" der libanesischen Regierung dort waren, um den Libanon bei der Kontrolle von Waffenschmuggel zu Gunsten der Hisbollah im Lande zu unterstützen. Oder?

»Deutschland ist im Nahostkonflikt nicht neutral sondern Verbündeter Israels.
Die UN-Resolution 1701 stellt ein Mandat für einen typischen Blauhelmeinsatz dar. Die UNIFIL soll in erster Linie die international vereinbarte Grenze zwischen Israel und Libanon sichern - gegen Grenzverletzungen von beiden Seiten! Berlin hat von Anfang an, noch bevor es eine UN-Resolution gab, darauf bestanden, Militär in die Konfliktregion zu entsenden. "Man könne sich nicht heraushalten", so Frau Merkel, wenn es um die Existenz Israels geht. Entsprechend einseitig wird aus der UN-Resolution nur der Auftrag heraus gelesen, den Waffenschmuggel an die Hisbollah zu unterbinden. Und das Kabinett war erst bereit, sich militärisch zu engagieren, als auch ein "robustes" Mandat zugesichert wurde. Die deutsche Marine kann und wird also bei Bedarf ihre Waffen einsetzen - und zwar ausschließlich gegen die "Feinde Israels". Faktisch wird Deutschland damit zum Verbündeten der israelischen Armee.«



Israelische F-16-Kampfflugzeuge attackieren deutsches Schiff.

Zwei israelische Jets haben über einem deutschen Kriegsschiff im Mittelmeer zwei Schüsse in die Luft gefeuert. - Die deutschen Soldaten haben das in Bildern festgehalten, die aber nicht veröffentlicht werden. Bei dem deutschen Schiff handelte es sich um das in internationalen Gewässern fahrendes Spionageschiff "Alster" . Es ist nicht der UNIFIL-Truppe zugeordnet, soll aber die deutsche Marine vor Angriffen schützen. Die "Alster" ist im Rahmen von Nato-Verbänden zur Terrorabwehr im Mittelmeer stationiert. Da das Schiff auch israelische Quellen anzapfen kann, gilt als denkbar, dass Israels Militär dagegen ein Zeichen setzen wollte. (FR)

»Der Einsatz der deutschen Marine kann gefährlich werden.
Nicht vergessen darf man schließlich den größeren Zusammenhang, in dem der deutsche Militäreinsatz steht. Sind deutsche Kriegsschiffe erst einmal vor Libanon, verstärken sie auch die US-amerikanische Drohkulisse gegen den Iran. Sollten die USA den Iran angreifen, könnte sich die deutsche Marine der Forderung nach "Flankenschutz" kaum entziehen. Die Ausstattung des Auftrags ist auf einen solchen "Flankenschutz" geradezu zugeschnitten. Ein Beispiel: Korvetten des Typs K130: Anfang September wurde in Bremen die zweite von insgesamt fünf neuen Korvetten des Typs K130 getauft. Die neuen Korvetten sind besonders geeignet zum Einsatz "vor fremden Küstengewässern" zum Landbeschuss. Zur Ausrüstung gehören pro Schiff 4 Marschflugkörper mit 200 Kilometer Reichweite. Diese Korvetten werden aber erst ab dem kommenden Jahr in Dienst gestellt. Da der Libanoneinsatz vermutlich auf längere Zeit angelegt ist, können diese nagelneuen Kriegsschiffe schon zum Einsatz kommen.Die USA halten nach wie vor an ihrer Drohkulisse gegen Iran fest und schließen einen Krieg nicht aus - der israelische Minister Jacob Edri ist von der Notwendigkeit dieses Krieges sogar überzeugt. Eine deutsche Truppenpräsenz vor Libanons Küste könnte Deutschland auch "nolens" in einen größeren Krieg hinein ziehen. Frau Merkel wäre, als sie noch nicht Kanzlerin war, gern beim US-Krieg gegen Irak mitmarschiert. Ob ihr damaliger Traum sich nun gegen Iran erfüllt? Er geriete zum Alptraum - für alle Beteiligte.«



Und ebenfalls an diesem Tag

veröffentlicht die BILD-Zeitung Fotos, die 2003 in Afghanistan deutsche Soldaten von sich selber gemacht haben, eins davon mit dem Schädel eines Toten in der einen Hand und dem eigenen Penis in der anderen. – Am Tag danach berichtet der Fernsehsender rtl von ähnlichen Fotos aus dem Jahre 2004. ...

Der Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) wirft Politik und Bundeswehr vor, die Vorfälle in Afghanistan als Einzelfälle und «Dummen-Jungen-Streich» herunterzuspielen. Ursache sei jedoch der enorme psychische Stress, dem junge und wenig reife Soldaten in Krisengebieten ausgesetzt seien: Je makabrer und tabuverletzender Menschen sich in solchen Situationen verhielten, desto mehr psychischen Druck könnten sie damit abladen. Krieg und die Vorbereitung auf militärische Einsätze führten zu einer Veränderung von Gruppenwerten und Normen. Die Überwindung der angeborenen Tötungshemmung sei eben gerade eine Bedingung und Voraussetzung für einen solchen Einsatz. Mit den Werten, die Soldaten einmal in ihren Familien vermittelt und in ihrer Heimat gelebt hätten, habe dies nichts mehr zu tun. - Mit anderen Worten: Wer junge Männer in den Krieg schickt, kann nicht gleichzeitig erwarten, dass sie Respekt vor toten Feinden haben... Alternativen schließen sich aus.

Unklar war, warum die BILD-Zeitung
diese Bilder nun veröffentlicht. Die Bösen sind doch eigentlich die Taliban-Kämpfer - und die deutschen Soldaten in Afghanistan haben nur die edelsten Absichten, die lautersten Motive und sind bei der afghanischen Bevölkerung äußerst willkommen und beliebt. - Warum nun solche Bilder, wo man inzwischen weiß, wie manche islamistische Fundamentalisten auf Bilder und Karikaturen in europäischen Zeitungen reagieren ?? Oder möchte die Redaktion gerade eben das provozieren, um dann ...?


Tage im Oktober 2006.

Freitag, Oktober 27, 2006

ISAF ist nicht = Enduring Freedom. Aber immer mehr?

Am 7.Oktober 2001 – wenige Wochen nach dem Anschlag auf das WTC in New York vom 11. September 2001 – wurde Afghanistan besetzt. Die von den USA angeführte „Operation Enduring Freedom" (OEF, "andauernde Freiheit") stürzte die Taliban-Regierung als vermutete Förderer des Terrors, die OEF soll Bin Laden und andere Terroristen fangen und die Ausbildungslager von Terroristen zerstören - in Afghanistan, am Horn von Afrika und anderswo. - So die offizielle Variante für die Welt. (Heute weiß man, dass die Vorbereitungen für die Besetzung Afghanistans spätestens bereits im Frühjahr 2001 begannen...).

Der deutsche Beitrag an Enduring Freedom besteht im Wesentlichen aus Marineeinheiten in Dschibuti am Horn von Afrika, aktuell wohl ca. 260 Soldaten.


Etwas völlig Anderes ist

– auf dem Papier – die ISAF (International Security Assistance Force):
Im Dezember 2004 bat die afghanische Übergangsregierung um militärisch abgesicherte Aufbauhilfe. Ursprünglich sollte nur die Einsetzung der Regierung des Operetten-Präsidenten Hamid Karsai in Kabul beschützt werden. Die UNO stimmte zu, der Einsatz liegt jedoch in der Verantwortung der 36 beteiligten Staaten - unter NATO-Führung.

– „Auftrag und Logistik der ISAF sollte von Enduring Freedom getrennt sein: Die ISAF sollte Menschenrechte und Hilfslieferungen absichern. Laut Beobachtern sahen die Afghanen ISAF tatsächlich eher als Hilfseinsatz, Enduring Freedom aber als Besatzungsmacht.“ (FR)
Deutschland ist mit knapp 3000 Soldaten an der ISAF vertreten - nicht mitgerechnet das KSK (Kommando Spezialkräfte) aus Nagold, dessen Einsatz der strikten Geheimhaltung unterliegt: Deutschland stellt damit nach England (knapp 6000 Soldaten) das zweitgrößte ISAF-Kontingent. Der Auftrag lautet:

„Unterstützung der vorläufigen Staatsorgane Afghanistans und ihrer Nachfolgeinstitutionen bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit, so dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch das Personal der Vereinten Nationen (inkl. ISAF) und anderes Zivilpersonal (insb. solches, das dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben nachgeht) in einem sicheren Umfeld arbeiten können, und Sicherheitsunterstützung bei der Wahrnehmung anderer Aufgaben in Unterstützung des Bonner Abkommes“. - So steht es auf der Taschenkarte eines jeden ISAF-Soldaten. (nach Wikipedia).

Trotz ISAF und OEF verschlechtert sich die Lage nach fünf Jahren immer mehr. Die Hauptstadt Kabul bleibt trotz der wirtschaftlichen Verbesserung nur eine Insel im Land. Korruption, Rauschgiftanbau und -handel, Herrschaft von starken Warlords und Stammesmilizen bestimmen unvermindert in allen Landesteilen das politische und gesellschaftliche Leben. Und die Taliban melden sich verstärkt und nachdrücklich mit Selbstmordattentaten zurück, sie führen vor allem im Süden und im Osten an der Grenze zu Pakistan Krieg gegen die westlichen Verbände. Auch im Norden, wo sich die deutschen Truppen überwiegend befinden, nehmen die Anschläge zu. Soldaten des deutschen KSK sind aber verdächtigt, an Folterungen im Süden Afghanistans beteiligt gewesen zu sein. „Die Lage ist nicht stabil und nicht ruhig! Und bei jeder Verschärfung der Lage folgt fast automatisch eine allein militärische Reaktion, die mit immer mehr Soldaten und immer schwereren Waffen militärische Überhand gewinnen will, aber an den tatsächlichen Anforderungen vorbeigeht“. (FR)


Bei einem Luftangriff der ISAF

sind am Dienstag, (25.10.06) in der südafghanischen Provinz Kandahar Dutzende Menschen getötet worden. Ein Mitglied eines Provinzrats sagte am Donnerstag, im Bezirk Panjwaji in der Provinz Kandahar seien am Dienstag 80 bis 85 Zivilpersonen getötet worden. Der Dorfbewohner Karim Jan sprach von 60 bis 70 Toten. Ein Behördensprecher nannte eine Zahl von mindestens 60 Toten..

Für die NATO-Allianz ist der ISAF-Einsatz in Afghanistan ein Aushängeschild.

Montag, September 11, 2006

Ab 8.46 Uhr Ortszeit wird zurückgeschossen. Der Rückfall zum Militarismus.

"Ich kann nicht verstehen, wie man uns Amerikaner so hassen kann". - Das habe ich vor fünf Jahren, wenige Tage nach dem 11. September, in einem Essay geschrieben. Heute verstehe ich es besser. [...] Ich kann heute allerdings verstehen, warum und wie dieser Hass auf alles Amerikanische entstehen konnte und sich noch vergrößert hat. Die olitik der Bush-Administration, im Inneren wie im Äußeren, bietet dafür genügend Anhaltspunkte. Das fängt mit dem diffusen Krieg gegen Terror an, führt über die verletzung von Menschenrechten bis hin zum Einmarsch in den Irak.
(T.C. Boyle, US-Schriftsteller, *1948)

Es ist ein Teufelskreis: Die islamischen Terroristen provozieren mit ihren Anschlägen und Drohpotenzialen immer neue, drastischere Maßnahmen des rechten Flügels, was wiederum mehr Terroristen hervorbringt.
(T.C. Boyle)

Wenn ich die Kennedy-Morde, Vietnam, Watergate, den Oklahoma-Anschlag, den ersten Golfkrieg, den Skandal um den Wahlausgang 2000, wenn man all diese nationalen Krisen bewusst miterlebt hat, muss man den 11. September und seine Folgen in einen historischen Kontext stellen. Und dann werden sie feststellen, dass Amerika nach diesem Anschlag den Verstand verloren hat.
(Oliver Stone, US-Regisseur)

In dem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass der "New Yorker" [liberales US-Magazin] den Krieg im Irak ebenso wie Hillary Clinton unterstützt hat. Sie alle wollten damals politisch korrekt sein. Es gibt nur wenige, die anders sind. [...] Ein paar Leute sagen ihre Meinung. Zu wenige. Politiker sind wie Krähen. Setzt sich erst mal eine auf eine Telefonleitung, kommen alle anderen nach. Fliegt eine weg, folgen ihr alle anderen.
(Oliver Stone)

Die Geschichte wiederholt sich, aber nie auf die gleiche Weise. Ich bin wie viele Vietnam-Veteranen unglaublich deprimert darüber. Ich habe drei Filme über Vietnam gemacht: Zwei von ihnen hatten großen Einfluss in Amerika. Dachte ich jedenfalls. Bis der Rückfall zum Militarismus in den 90er Jahren einsetzte. Da wurde das Militär und seine Macht in Filmen auf einmal wieder verherrlicht, ja nahezu angebetet. Das war schockierend. Filme wie "Pearl Harbour" oder "Black Hawk Down" wurden mit Unterstützung des Pentagon gedreht. Das waren Werbefilme für das Militär. Das deprimiert mich.
(Oliver Stone)

Die meisten jungen US-Soldaten im Irak gehören zu den wiedergeborenen Christen. Sie sind mit Kriegsfilmen wie "Black Hawk Down", aber eben auch mit meinen Filmen aufgewachsen. Offenbar haben Filme wie "Platoon" sie nicht zum nachdenken gebracht. Da ist jetzt eine neue Generation herangewachsen, die noch mehr als die bisherigen vom Fernsehen, das nur noch wenige nachrichten oder zumindest nur sehr oberflächliche vermittelt. [...] sie wissen nicht, wo der Irak liegt oder was das ist. Irak, Al Kaida: Das ist für sie alles dasselbe.
(Oliver Stone)

Richard Clarke, während des 11. September Koordinator für Sicherheit und Anti-Terror in Washington, hat viele Versäumnisse enthüllt. Jedes Jahr erfahren wir neue Details. Es gab vor dem Irak-Krieg definitiv eine Verschwörung, ganz oben an der Regierungsspitze. Vielleicht 20 Männer, die uns in den Krieg geführt haben. Was mich versöhnlich stimmt: Inzwischen schreiben die Top-Journalisten des Landes darüber.
(Oliver Stone)


"Ihr liebt das Leben - wir lieben den Tod"


(Bekenner-Video nach dem Attentat vom 11. März 2004 in Madrid).
"Wer den Tod liebt, kann ihn haben"
(Der damalige Innenminister Otto Schily im April 2004).


Die Invasion Iraks wird mit Gewissheit in die Geschichte als einer der feigsten Kriege eingehen. Es war ein Feldzug, in dem eine Bande von reichen Nationen ein armes Land einkesselte, es fälschlich des Besitzes von Kernwaffen bezichtigte, die UN zwang, es zu entwaffnen, es dann überfiel, besetzte und nun dabei ist, es zu verkaufen.
(Arundhati Roy, * 1961, indische Schriftstellerin, u.a. Sydney-Peace-Preis 2004)

Die "zivilisierte, moderne" Welt - gewissenhaft auf einem Erbe von Genozid, Sklaverei und Kolonialismus errichtet - kontrolliert jetzt das meiste Öl der Welt. Und die meisten Waffen, das meiste Geld. Und allzu viele Medien haben sich einbetten lassen.
(Arundhati Roy)

Vom Besucher Australiens wir mir erwartet man Antwort auf folgende Fragen, wenn ein Einreisevisum beantragt wird: "Haben Sie jemals Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschheit oder gegen Menschrechte begangen oder waren darin verwickelt?" Würden George Bush und Tony Blair australische Einreisevisa erhalten? Nach dem Völkerrecht würden sie mit Sicherheit als Kriegsverbrecher qualifiziert.
(Arundhati Roy)

Was der Sowjetunion seit ihrer Geburt unterstellt wurde - dass sie sich die Welt untertan machen wollen - wird von den USA seit dem Untergang des sowjetischen Imperiums so schamlos betrieben, dass man sich nur über jene wundern kann, die diese Politik verteidigen.
(Thomas Rothschild, *1942 in Glasgow, Literaturwissenschaftler)


Worum es geht, ist ein Kampf gegen eine Gruppe meist arabischer Sunniten mit einer extremen Interpretation des Islam. Sie versuchen, die Regierungen islamischer Staaten durch ein Kalifat zu ersetzen. Dabei bekämpfen sie als „fernen Feind“ auch die USA, die diese Regimes stützen. Sie glauben, wenn sie dem Westen genug Furcht einflößen, wird er sich zurückziehen und sie können ihr Ziel erreichen. [...] Ich denke, wir kämpfen gegen sunni-arabische Extremisten aus vielen Ländern. Sie repräsentieren eine kleine Minderheit der Sunniten. Sie pervertieren den Islam. Ich sehe es weniger als ein Aufeinanderprallen der Kulturen als einen Kampf innerhalb einer Kultur. Man kann das vielleicht als die Wehen einiger islamischer Länder auf dem Weg in die globale Welt betrachten.
(Richard Clarke, *1951, bis März 2003 Anti-Terror-Berater der US-Regierung)


Demokratie ist eine feine Sache. Ich glaube, es kann sie in jedem Land geben. Aber sie kann nur gedeihen, wenn es eine interne Entwicklung ist. Nicht, wenn sie mit dem Bajonett importiert wird. Demokratie wird es in der arabischen Welt geben, wenn sie sich dort entwickelt. [...] Der Irak war nicht die zentrale Front im Kampf gegen den Terror, als wir einmarschierten. Heute aber ist der Irak eine zentrale Front. Er ist ein großartiges Trainingsfeld für Terroristen aus aller Welt. Wir haben ihn dazu gemacht. Er ist auch eine wichtige Motivation für Terroristen in aller Welt.
(Richard Clarke)

Deshalb muss man auf der strategischen Ebene die Unterstützung für diese Gruppen austrocknen. Dafür müssen wir uns auf eine Schlacht um Ideen einlassen. Allmählich könnte man so ihre Unterstützung reduzieren. Wir haben den Kalten Krieg gewonnen, weil wir die besseren Ideen hatten. Wir mussten nicht jeden Kommunisten töten. Wir haben sie überzeugt, dass unser System besser ist. Jetzt aber machen wir eine Politik, die Muslime vor den Kopf stößt. Solange wir im Irak sind, können wir die Schlacht der Ideen nicht kämpfen. Wir haben einfach keine Glaubwürdigkeit. Solange wir ein arabisches Land besetzen, das uns nichts getan hat, können wir diesen Dialog nicht führen. Sie werden uns nicht zuhören.
(Richard Clarke)

Freitag, September 01, 2006

Welche Steuern erhöhen?

Herry Gysi meint dazu:

Die Mehrwert-Steuererhöhung wird die Binnenkonjunktur abwürgen. "Gewiss, wer eine bessere Bildung will, muss sie auch finanzieren können. Aber das muss aus Steuern kommen, die die Konjunktur nicht beeinträchtigen, etwa Erbschaft-, Vermögen- oder höhere Körperschaftsteuer und Spitzeneinkommensteuer. Frankreich etwa hat höhere Steuern und Abgaben als Deutschland. Wenn wir die hätten, hätten wir im Jahr 200 Milliarden Euro Mehreinnahmen. [...] Wenn wir nur den EU-Durchschnitt an Steuern und Abgaben hätten, hätten wir immerhin 130 Milliarden Euro mehr. Noch etwas: Ich darf daran erinnern, die USA haben eine Körperschaftsteuer von 35 Prozent, Großbritannien 33 Prozent, Frankreich 30 Prozent, wir haben 25 Prozent. . . [...]

Es ärgert mich, dass es so viele Reiche gibt, die im Ausland leben und hier keine Steuern zahlen. In den USA müssen auch die US-Bürger, die in einem anderen Land leben und dort Steuern bezahlen, eine Einkommensteuererklärung abgeben. Wenn sich herausstellt, dass sie in den USA mehr bezahlen müssten, müssen sie die Differenz überweisen."

Mittwoch, August 23, 2006

Doppelmoral im Saddam-Hussein-Prozess

Saddam Hussein steht erneut vor Gericht. Und das ist auch richtig so, denn seine Militäraktionen in der 2. Hälfte der 1980er Jahre im Nordirak kosteten nach Angaben von kurdischen Überlebenden etwa 100.000 Kurden ihr Leben.

Carla Del Ponte, Chefanklägerin des Jugoslawien-Tribunals der UN in Den Haag, hat ihre Vorbehalte gegen den Prozess. Del Ponte hatte sich bereits unmittelbar nach der Gefangennahme Saddam Husseins durch US-Streitkräfte im Frühjahr 2004 für ein internationales Gerichtsverfahren gegen den Ex-Staatschef eingesetzt. Sie war damit aber gescheitert, da sowohl die irakische Regierung als auch die Invasionsstreitkräfte aus den USA und Großbritannien ein Verfahren im Irak und vor irakischen Richtern wünschten. Ein internationales Gericht hätte Saddam die Möglichkeit eröffnet, auf die jahrelange Unterstützung seines Regimes durch die Regierung der USA ebenso hinzuweisen wie auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit vielen westlichen Staaten. -
Diese Unterstützung war auch während der Giftgasangriffe der irakischen Armee keineswegs unterbrochen. Im Gegenteil: Der heutige US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld traf Saddam im Dezember 1983 als Beauftragter von US-Präsident Ronald Reagan und sicherte ihm die „enge Unterstützung“ der USA im Kampf gegen den Iran zu. Die US-Administration hielt an dieser Haltung auch fest, als kurz darauf die Nachricht von den Gasattacken um die Welt ging. Der Irak galt als wichtiger Partner gegen das Vordringen des Iran im Mittleren Osten. Öllieferungen sollten mit seiner Stärkung abgesichert werden.

Hoffentlich wird im Prozess jedoch nicht vergessen, dass es wohl Saddam Hussein und diesen 1. Golfkrieg gar nicht gegeben hätte, wenn Saddam Hussein nicht als CIA-Mitarbeiter seine Karriere in Ägypten hätte beginnen können und nach dem Sturz von Schah Mohammad Reza Pahlavi von den USA weiterhin gefördert und schließlich in den Krieg gegen den Iran geschickt worden wäre - der nach dem Sturz des Schahs unter Schiitenführer Ruhollah Chomeini islamistisch-fundamentalistisch und antiwestlich gewordenen war.

Und hoffentlich wird nicht vergessen, dass diese 100.000 Kurden auch an dem Giftgas starben, das in irakischen Chemie-Anlagen hergestellt wurde, die von aus Deutschland geliefert worden waren....

Und hoffentlich wird nicht vergessen, dass US-Firmen vor dem Golfkrieg von 1991 am Waffenprogramm für Saddam Hussein beteiligt waren, z.B. Bechtel, Du Pont, Kodak, Hewlett &Packard... Ein Bericht für die UNO zählt 24 US-Firmen auf.

Und hoffentlich wird nicht vergessen, dass die Intervention der USA, die im März 2003 ("3. Golfkrieg") im Irak einmarschierten und Saddam Hussein am 13.12.2003 festnahmen, inzwischen 40.000-45.000 Todesopfer unter der Zivilbevölkerung gekostet hat, auch wenn US-General Tommy Franks in diesem Falle meint: "We don`t do body counts" - wir zählen keine Toten... (vergl. http://www.iraqbodycount.net/)

Übrigens: Als Präsident George W. Bush am 1. Mai 2003 auf dem Flugzeugträger Abraham Lincoln den Irak-Feldzug für erledigt erklärte ("MISSION ACCOMPLISHED" - Mission erledigt), waren 138 US-Soldaten gefallen. Seitdem bis heute über 2450. Nach offizieller Zählung.
Offenbar zählt die US-Armee doch die Toten. Aber vielleicht nur die eigenen....

(Siehe auch den Eintrag vom November 2004 zu der Zahl der Toten im Irak.)




Donnerstag, März 30, 2006

So wählte Baden-Württemberg bei der Landtagswahl 2006. Real.

In % der Wahlberechtigten:

NichtwählerInnen: 46,6% (= 3.506.414 Personen)
CDU: 23,3%
SPD: 13,1%
Grüne: 5,7%
FDP: 5,6%
WASG: 1,6%
REP: 1,3% (= 100.079 Personen)

Samstag, Januar 21, 2006

Werden die christlichen Bischöfe aus Baden-Württemberg ausgebürgert?

Wer in Deutschland eingebürgert werden will, der soll in Baden-Württemberg zunächst einmal überprüft werden, ob er sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt. Dazu muss er 30 Fragen beantworten und seine Unterschrift unter eine Bekenntniserklärung setzen.

Er unterschreibt:

"Meine Antworten und Erläuterungen zu den gestellten Fragen sind korrekt wiedergegeben und entsprechen meiner tatsächlichen inneren Einstellung. Ich hatte keine Schwierigkeiten, die Fragen zu verstehen; soweit ich sie nicht gleich verstanden habe, wurden sie mir so erklärt, dass ich alles verstanden habe. Ich wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass unwahre Angaben als Täuschung der Einbürgerungsbehörde gewertet werden und – auch noch nach Jahren – zur Rücknahme der Einbürgerung führen können, selbst wenn ich dadurch staatenlos werden sollte."

Soweit die Einbürgerungsbehörde Zweifel hat, ob der Einbürgerungsbewerber den Inhalt seiner Erklärung wirklich verstanden hat und ob sie seiner inneren Überzeugung entspricht, führt sie ein Gespräch mit ihm unter Verwendung des Gesprächs-Leitfadens mit den 30 Fragen. Die Ergebnisse des Gesprächs sind zu dokumentieren und vom Einbürgerungsbewerber zu unterschreiben. Dabei sind auch Erläuterungen zu den jeweiligen Antworten zu erfragen und festzuhalten. Der Einbürgerungsbewerber ist darauf hinzuweisen, dass unwahre Angaben – auch noch nach Jahren – zur Rücknahme der Einbürgerung führen können.

Frage:
Was passiert eigentlich mit den eingeborenen Deutschen, die die 30 Fragen nicht im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beantworten?

Ich bin ganz sicher, dass die katholischen Bischöfe in Baden-Württemberg und bestimmt auch die oft evangelisch-pietistischen Bischöfe von Württemberg Probleme mit Frage 29 und 30 haben würden.
Diese lauten:

29. Stellen Sie sich vor, Ihr volljähriger Sohn kommt zu Ihnen und erklärt, er sei homosexuell und möchte gerne mit einem anderen Mann zusammen leben. Wie reagieren Sie?

30. In Deutschland haben sich verschiedene Politiker öffentlich als homosexuell bekannt. Was halten Sie davon, dass in Deutschland Homosexuelle öffentliche Ämter bekleiden?


Ob dann die deutsche Staatsangehörigkeit der Bischöfe auch widerrufen werden müsste? -
Josef Kardinal Ratzinger hat, nachdem er Papst wurde, schon auf sein Wahlrecht in Deutschland verzichtet. Damit hat er eventuellen Ausbürgerungsbestrebungen pro-aktiv den Wind aus den Segeln genommen. - Aber wohin mit den Bischöfen? Ob die evanglischen Bischöfe auch im Vatikan eingebürgert werden könnten? Und wie dort wohl die 30 Fragen des Gesprächs-Leitfadens aussehen???