Montag, Mai 02, 2011

Osama tot: Hass und Freude - Die Welt wird nicht sicherer.


Aiman al-Sawahiri, der als Stellvertreter Osama bin Ladens gehandelt wurde und sich in letzter Zeit öfter zu Wort gemeldet hatte als sein Chef selber, hat im Frühjahr 2011 in fünf Botschaften, die sich auf die Proteste in der arabischen Welt bezogen,  zugegeben, dass Al Quaida die Zeit verschlafen hat und der Entwicklung hinterher läuft. Sawahiri selber hat viele Jahre lang versucht, den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak mit terroristischen Mitteln zu töten. Was mit Terror nicht gelang, das gelang dem gewaltfreien Protest der Bevölkerung Ägyptens und Tunesiens: Der Sturz der Diktatoren.


Nun schweigt der Chef.
Fast zehn Jahre nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York hatte US-Präsident Barack Obama den Tod von Al-Quaida-Chef Osama bin Laden am frühen Montagmorgen (2. Mai 2011) deutscher Zeit bekannt gegeben. Angeblich wurde Osama im Gefecht getötet, in Wirklichkeit wurde wohl kurzer Prozess gemacht. Die Kinder des Lichts besiegen das Kind der Finsternis, das Gute besiegt das Böse. -
Ein US-Team habe den Angriff am Sonntag ausgeführt und sich der sterblichen Überreste bin Ladens bemächtigt, sagte der Präsident in einer kurzfristig anberaumten Rede im Weißen Haus.
10 Jahre lang wurde Osama gesucht, jetzt wurde er binnen 40 Minuten in Cowboy-Manier getötet und anschließend im Meer versenkt, um kein Märtyrer-Grab für Terroristen und Touristen zu schaffen.

Der Vatikan,
eigentlich in vielen Angelegenheiten eher ein Hort der Reaktion, lieferte in Radio Vatikan eine der wenigen vernünftigen ersten Stellungnahmen; Radio Vatikan veröffentlicht ein  Interview mit Heinz-Gerhard Justenhoven.

Der Sender zitiert zunächst den Vatikansprecher Federico Lombardi :

Der Tod eines Menschen ist für einen Christen niemals Grund zur Freude. Das gelte auch für den Tod von Osama Bin Laden. Der Vatikan hoffe, "dass der Tod des Topterroristen nicht weitere Hassausbrüche auslöst“. Bin Laden sei verantwortlich gewesen "für Spaltungen und Hass zwischen den Völkern“. Dies habe den Tod unzähliger Unschuldiger verursacht, erklärte Jesuitenpater Lombardi weiter. Bin Laden habe die Religion für seine Zwecke instrumentalisiert. Es gelte nun, über die große Verantwortung eines jeden vor Gott und den Mitmenschen nachzudenken, so der Vatikansprecher.


Nach der Ermordung des Top-Terroristen Bin Laden am vergangenen Wochenende erinnert in Pakistan der Leiter des Institutes für Theologie und Frieden in Hamburg, Heinz-Gerhard Justenhoven, an Folgendes:

Neben dem Ausbau der Beziehungen der Völker in der internationalen Gerichtsbarkeit bedeute Friedensarbeit an der Basis auch „rhetorische Abrüstung“ und eine Überwindung der „Vergeltungslogik“, so Justenhoven im Gespräch mit Radio Vatikan. Der Schlag gegen Bin Laden – von US-Präsident als „Tat der Gerechtigkeit“ proklamiert – sei im Sinne nachhaltiger Gerechtigkeit kein wirklicher Erfolg


Herr Professor Justenhoven, der meist gesuchte Terrorist der Welt Osama Bin Laden wurde am Wochenende von amerikanischen Spezialeinheiten in Pakistan aufgespürt und getötet, ebenso vier weitere Personen, unter anderem der Sohn von Bin Laden. Ist das aus Ihrer Sicht ein Erfolg für die Gerechtigkeit?

„Es ist sicherlich ein Erfolg, das der Drahtzieher des internationalen Terrorismus nicht mehr ungeschützt und letztlich geschützt durch pakistanische Sicherheitskräfte seine Unwesen treiben kann. Ich bin zurückhaltend, es einen Erfolg für die Gerechtigkeit zu nennen, wenngleich ich Amerikaner, die unter dem Terrorismus der Al-Quaida gelitten haben verstehen kann. Damit man von einem Erfolg für die Gerechtigkeit sprechen könnte, müsste eigentlich ein Verfahren vor dem internationalen Gerichtshof durchgeführt worden sein, um dann wirklich auch nach den Maßstäben des Rechts ein Urteil zu sprechen.“

US-Präsident Obama bezeichnet den Schritt als Tat der Gerechtigkeit - „Justice has been done“ – sagte er wörtlich und gab an, die Einsatzkräfte hätten Obamas Körper nach dem Feuergefecht „in Besitz“ genommen. Amerika feiert den Schlag als „Triumph“, Bürger jubelten nach Bekanntwerden der Nachricht vor dem Weißen Haus. Es scheint fast so, als würde der tote Terrorist als „Trophäe“ gesehen, sein Mord als Vergeltungsschlag. Das lässt einen fast an die alt-testamentarische Weisung „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ (Ex 21,24) denken, die für unbedingte und maßlose Vergeltung steht. Ist dieses Vorgehen einer modernen demokratischen und christlichen (Welt-) Gesellschaft überhaupt noch angemessen?

„Ich denke, wir müssen noch einmal einen Schritt zurückgehen und uns fragen, wie wir das internationale System überhaupt wahrnehmen. Es macht einen fundamentalen Unterschied, ob wir davon ausgehen, dass das Verhältnis der Völker und Staaten zueinander ein anarchisches, ein von Gewalt geprägtes internationales System ist, in dem es darum geht, sich notfalls auch mit Gewalt durchzusetzen. Oder ob wir – wie das in der kirchlichen Friedenslehre gedacht wird – letztlich davon ausgehen, dass wir eine Gemeinschaft sind und dass wir die Aufgabe, unsere Beziehungen zueinander – gerade wenn es Konfliktbeziehungen sind – nach den Regeln von Recht und Gerechtigkeit zu ordnen. Und da ist es erforderlich, eine Rechtsordnung zu entwickeln, die wir im Völkerrecht bereits in Ansätzen haben. Und dass wir Rechtsinstitutionen, die wir in den Vereinten Nationen, in der internationalen Gerichtsbarkeit haben, weiterzuentwickeln, um auf der Basis dieser Rechtsordnung – wie wir das im Staat ja auch tun – unser Verhältnis zueinander zu entwickeln. Dann kann man davon sprechen, dass Beziehungen der Völker und Staaten zueinander auf der Basis der Gerechtigkeit überhaupt organisierbar sind.“

 Was bedeutet Bin Ladens Ableben für die Welt?

  • Sein Tod ist operativ bedeutungslos.
  • Vorteil des Terror-Netzwerks Al Quaida: Die Ikone des Terrors ist in einen Märtyrer verwandelt worden.
  • Vorteil der amerikanischen Regierung: Es gibt kein Tribunal gegen sie, auf dem Osama auftreten könnte.
  • Vorteil der pakistanischen Regierung: Er kann nicht mehr verraten, wer ihn die ganze Zeit gedeckt hat.
Interview mit dem Politologen Herfried Münkler:

  

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