Dienstag, Februar 28, 2012

Brennende Mönche - Flammender Protest


I. Tibet 2012

Tibetischer Mönch stirbt nach Selbstverbrennung

Peking (dpa) - Ein 18 Jahre alter tibetischer Mönch hat sich in der südwestchinesischen Provinz Sichuan nach Angaben von Exiltibetern und Menschenrechtlern selbst verbrannt. Wie die Aktionsgruppe International Campaign for Tibet berichtete, verhinderten Hunderte von Mönche und andere Tibeter, dass sich die Polizei der Leiche des buddhistischen Mönchs bemächtigte. Der 18-Jährige hatte sich aus Protest gegen die chinesische Herrschaft über Tibet angezündet. In den vergangenen Monaten ist es zu etwa zwei Dutzende solcher Proteste in von Tibetern bewohnten Gebieten Chinas gekommen.

II. Vietnam 1963

Vietnamesischer Mönch stirbt nach Selbstverbrennung

"Es ist der 11. Juni 1963. Am frühen Morgen dieses Tages verlässt eine Gruppe buddhistischer Mönche die Xa Loi-Pagode in Saigon und begibt sich zu einer großen Straßenkreuzung. Dort lässt sich der Mönch Thich Quang Duc im Lotossitz nieder und beginnt zu meditieren. Er ist zu diesem Zeitpunkt 66 Jahre alt und stammt aus einem Kloster in der alten vietnamesischen Kaiserstadt Hue. Und während er meditiert, übergießen ihn Glaubensbrüder mit Benzin und zünden ihn an. Ein Fanal. 

Ein buchstäblich flammender Protest gegen den seit 1954 herrschenden und von den USA aus anti-kommunistischen Interessen heraus unterstützten Diktator Vietnams: Ngo Dinh Diem (1901-1963), einem katholischen Politiker, von dessen Politik sich Buddhisten in Vietnam diskriminiert fühlen. Und Vietnam ist immerhin zu 85 % buddhistisch. 
 
Eine Selbstverbrennung, und das vor laufenden Kameras westlicher
Medien! Während umstehende Vietnamesen in Tränen ausbrechen, gibt der brennende Mann keinen Laut von sich. Krasser könnte der Gegensatz kaum sein zwischen klagloser Selbstvernichtung und klagendem Protest. Weitere solcher Autodafes von buddhistischen Mönchen und Nonnen folgen und werden vom Diem-Regime mit brutaler Härte beantwortet. In der Xa Loi-Pagode werden rund 400 Mönche und Nonnen verhaftet. Massendemonstrationen sind die Folge, und die Tage des Diem-Regimes sind gezählt. Diem und sein Bruder, Erzbischof von Hue, werden am 2. November 1963 in der Cha-Tam-Kirche von Saigon-Cholon ermordet, wo sie nach einem Militärputsch Zuflucht gesucht hatten.  

Ich frage im Blick auf das  Bild des Buddhismus im Westen, wie das möglich ist: Buddhisten in buchstäblich flammendem Protest gegen ein diktatoriales Regime? Mönche und Nonnen verhaftet..."

Der katholische Theologe Karl-Josef Kuschel in:  "Leben ist Brückenschlagen", 2011


III. "Beweis der Entschlossenheit"

Thich Nhat Hanh, * 11. Oktober 1926 in Vietnam, ist buddhistischer Mönch, Schriftsteller und Lyriker, Autor zahlreicher Bücher und neben dem Dalai Lama einer der profiliertesten zeitgenössischen Meister der buddhistischen Lehre und schon seit seiner Jugend dezidierter Vertreter eines „engagierten Buddhismus“. 
Er schreibt 1966 an Martin Luther King über die Selbstverbrennung des vietnamesischen Mönches  Thich Quang Duc:  Selbstvernichtung werde vom Buddhismus als einer der schwersten Verbrechen betrachtet. Vielleicht müssten dieser Selbstmord als "Selbst-Opferung" betrachtet werden. Das Wichtigste an der Selbstverbrennung sein nicht sein Tod, sondern der "Beweis seiner Entschlossenheit". Denn nach buddhistischem Glauben sei das Leben nicht auf den Körper beschränkt. 

"Seine Entschlossenheit, indem man sich verbrennt, heißt daher nicht einen Akt der Vernichtung zu begehen, sondern des Aufbaus, indem man leidet und stirbt um seines Volkes willen. Das ist nicht Selbstmord." 



IV. Instrumentalisierung

Tibet, die von der abendländischen Welt verklärte »Insel der Seligen« auf dem Dach der Welt. - 
Jenseits der Mystifizierung ist unbestritten, dass Tibet über Jahrhunderte machtpolitisch zwischen den umliegenden Großmächten (China, Mongolei, British Empire...)  lavierte und erfolgreich seine Unabhängigkeit verteidigte. - Damit war es vorbei, als die chinesische Volksbefreiungsarmee 1950 in Tibet einfiel. Unter der Brutalität der Besetzung wurden aus Mönchen Guerillakämpfer und aus Händlern Heerführer. Der Widerstand gegen die Chinesen begann in der osttibetischen Provinz Kham:

Tashi Gompo, einer der reichsten Händler Tibets, gründete Chushi Gangdruk, eine Organisation, für die es in der tibetischen Geschichte kein Beispiel gab. »Vier Flüsse, sechs Gebirge« bedeutet der Name, die natürlichen Grenzen der Provinz Kham. - So signalisierte Chushi Gangdruk, dass alle einbezogen waren, und das war neu. Tashi Gompo wusste jedoch auch, dass sie gegen den übermächtigen Gegner nicht ohne Verbündete bestehen konnten. So knüpfte er über die älteren Brüder des Dalai Lama, Thubten Jigme Norbu und Gyalpo Thöndup, Kontakte zum amerikanischen Geheimdienst CIA.
Da es gegen einen kommunistischen Feind China ging, willigte die politische Führung in Washington ein.


Als der Dalai Lama
am 17. März während des Tibetaufstandes ins indische Exil nach Dharamsala  floh, geschah das auch auf Druck und mit Unterstützung der USA; zwei Agenten des CIA befanden sich bei der Flucht im Tross des Dalai Lama nach Dharamsala, wo er heute noch residiert.  Bereits Anfang der 70er Jahre hat die CIA den bewaffneten Kampf der Organisation Chushi Gangdruk die von einem der älteren Brüder des Dalai Lama, Gyalo Thöndup geleitet wurde, finanziell mit 1,7Millionen Dollar jährlich unterstützt.
Erst als die USA unter Präsident Nixon ihre Beziehungen zu China verbessern wollten, wurde diese Unterstützung 1973 eingestellt und die vom Bruder des heutigen Dalai Lama geleitete Untergrundarmee aufgelöst.

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Heute geht es den USA nicht mehr um den "kommunistischen Feind" China, sondern um die konkurrierende aufstrebende Wirtschafts-Großmacht China. - Was da im Hintergrund läuft, wie und ob die chinesischen Mönche und die deutschen Tibet-Initiativen im Interesse der Supermacht USA instrumentalisiert wurden und werden, wird die Geschichte zeigen.


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