Sonntag, August 24, 2014

Kurdistan: Warum redet ihr immer nur von Waffen? - Was ist hier eigentlich los? - "DIe" Kurden, der Irak, IS und wir.

Wer war es, der in der Nacht  zum 4. August
2014 im Sindschar-Gebirge im Irak die Stadt Sindschar erfolgreich verteidigt hat?
Es waren 1000 syrisch-kurdische Kämpfer und 2000 türkisch-kurdische Kämpfer - und nicht die irakisch-kurdischen Peschmerga, siehe unten. Unterstützt wurden sie von Kämpfern der PKK, der kurdischen Arbeiter-Partei, die in Deutschland, in der EU, in den USA und von der Türkei als Terror-Organisation eingestuft wird.
"Das ist eben die Absurdität der Situation: Die syrischen Kurden verteidigen die Jesiden gegen den drohenden Genozid, dann kommen die irakischen Kurden und rufen nach Waffen, und dann soll da was hin geliefert werden -  da schütteln die in Nordsyrien die ganze Zeit nur den Kopf und sagen: »Was ist hier eigentlich los?«"  (Jan Paul van Aken, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses und des Unterausschusses für Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung im Deutschen Bundestag).
Was sagen die Kurden selber, 
die im Irak in den Sindschar-Bergen kämpfen, was sie ganz besonders brauchen?
Humanitäre Hilfe, Ende des Embargos, Öffnung der Grenzen zur Türkei, - die von der Türkei blockiert werden.

Was wäre die Fortsetzung der Politik?
  • Außenminister Steinmeier fährt nach Ankara und verhandelt mit der türkischen Regierung über die Öffnung der türkischen Grenze  nach Kudistan für humanitäre Hilfe. 
  • Alle politischen Mächte (F, D, USA, Iran ...) üben Druck auf die irakische Regierung aus, sich nicht mehr nur um die (arabischen) Schiiten im Lande zu kümmern, sondern auch um die (arabischen) Sunniten, die Kurden inkl. deren religiöser Minderheit der Jesiden. Und dann als irakische Regierung gegen den Terror der IS vorzugehen. 
 Schließlich war einer der Hauptgründe für den schnellen Vormarsch von IS gewesen, dass die irakischen Truppen kampflos ihre (amerikanischen) Waffen weggeworfen und IS überlassen hatten, weil sich die irakischen Soldaten in keiner Weise von ihrer eigenen Regierung Maliki vertreten fühlten und daher keine Lust hatten, für sie zu kämpfen.
________________________________________________

Wie schrieb jüngst (14.8.2014) der südafrikanische Erzbischof Tutu während der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas in der israelischen(!) Tageszeitung Harretz?


  • "Gewalt erzeugt Gegengewalt und Hass, was wiederum mehr Gewalt und Hass erzeugt.
  • Kein von Menschen geschaffenes Problem ist unlösbar, wenn die Menschen sich mit der ernsthaften Absicht zusammensetzen, es zu überwinden. [...]
  • Wir [Südafrikaner_innen] wissen auch um die Vorteile, die uns der Dialog zwischen unseren Staatsführern schließlich gebracht hat; als das Verbot angeblich »terroristischer« Organisationen aufgehoben und ihre Anführer, darunter Nelson Mandela, aus Haft, Verbannung und Exil entlassen wurden." 
(Der ganze Text in deutscher Übersetzung) ________________________________________________

Jetzt sollen die irakischen Kurden in Süd-Kurdistan, die Peschmerga, von Deutschland bewaffnet werden. 
Waffen liefert Deutschland schon lange in Krisengebiete, (z.B. auch an Israel  während der jüngsten Kämpfe mit der Hamas im Gaza-Streifen -  im Wert von 900.000 Dollar).
Und schon lange bevor bei uns von ISIS, IS, Jesiden und Enthauptung des amerikanischen Jornalisten die Rede war,
[ SPIEGEL ONLINE. "Video von angeblicher Enthauptung: Terrormiliz IS will vermissten US-Journalisten getötet haben"]  
hatten Deutschlands Präsident, Verteidigungs- und Außenminister (Gauck, van der Leyen, Steinmeier) rhetorisch den verstärkten militärischen Einsatz Deutschland vorbereitet. - 
Eigentlich erwarten wir Bürger von unseren Regierungen Weisheit, Besonnenheit, Friedenssicherung, Friedenspolitik, Frieden durch Grechtigkeit. Dafür bezahlen wir sie; nun wird einem aber langsam angst und bange, ob unsere Regierungen über ausreichend Weiheit und Klugheit verfügen, den Gefahren zu begegnen.

Aus dem o.g. Video. Links James Foley.
________________________________________________


Die kurdischen Jesiden im Irak,
die sich vor den Angriffen der IS in das kahle Sindschar-Gebirge gerettet hatten, wurden dort nicht von der Peschmerga der irakischen Kurden gerettet, sondern von den Kurden aus Syrien, aus "West-Kurdistan". Deren Kämpfer der YPG haben den Korridor errichtet, durch den die Jesiden sich aus dem Sindschar Gebirge retten konnten. (Siehe oben)

Die kurdische Partei der Demokratischen Union YPG 
ist eine kurdische Partei in West-Kurdistan auf dem Staatsgebiet von Syrien; sie  hat einen militärischen Flügel, die 2011/2012 gegründeten Volksverteidigungseinheiten oder People’s Protection Units. -


Mitte Juni 2014 gab die YPG bekannt:
"Die Volksverteidigungseinheiten Rojavas (YPG) geben bekannt, dass sie bereit sind, erfahrene Einheiten der YPG nach Südkurdistan [das sind die autonomen Kurdengebiete im Nord-Irak] zu schicken, um gemeinsam Südkurdistan gegen die Dschihadisten von Islamischer Staat Irak und Syrien (ISIS) zu verteidigen."

YPG-Parade in West-Kurdistan ( = Rojava)
"Wir, die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), bekämpfen die radikalen islamistischen Gruppen seit eineinhalb Jahren. Wir haben immer wieder erklärt, dass von ISIS Pläne geschmiedet werden, die kurdische Bevölkerung zu liquidieren. Im Rahmen unseres Kampfes gegen diese Gruppen haben wir Erfahrung gesammelt, unsere KämpferInnen haben mit ihrem aufopferungsvollen Kampf Geschichte."
Es hat natürlich einen Grund, dass die Peschmerga unterstützt werden und nicht die PYD, die die Jesiden gerettet hat: 1. Das könnte zu Konflikten mit der Türkei führen und 2. steht die PYD der PKK nahe, über die die Bundesregierung sagt:
"Die PKK bleibt in Deutschland verboten. Sie unterminiert das Friedliche Zusammenleben von Kurden und Türken in Deutschland und ist ein destruktiver Faktor für die hiesige Sicherheit." _______________________________________________
Die Kurdistan Review hält nicht viel von ihrem eigenen Präsidenten
Masud Barsani und den eigenen Truppen, den Peschmerga
Die Zeitschrift beschreibt sich selber so:
The Kurdistan Tribune is an independent platform for Kurdish news and opinion. Our mission is to speak the truth while promoting the well-being of our people and the cause of Kurdistan.[...] Twenty years after the establishment of Kurdish rule in the south of Kurdistan, the recent mass protests against corruption and the harsh crackdown by the ruling parties highlight the need for a fresh look at our nation’s prospects. The Kurdistan Tribune is not linked to any political party or state and it will publish views from across the spectrum. Part of our goal is to explore how south Kurdistan can become a better model for all Kurdistan and the region – a model of pluralist, multi-party democracy upholding the rule of law and providing employment and fair shares for its people. 

Mufid Abdullah, Herausgeber der Kurdistan Tribune, schreibt in London:
Als im Juni 2014 der Krieg im Irak losging, ISIS/„Islamischer Staat“/IS die Stadt Mossul eroberte und begann, sich im gesamten Irak auszubreiten, war Masud Barzani, der Präsident von Kurdistan-Irak gerade im Ausland und dachte nicht daran, seine Reise abzubrechen. - Auch seine Partei, die Irakisch-Kurdische Demokratische Partei  Kurdistans (KDP oder auch DPK), kümmerte der Siegeszug von IS wenig. Stattdessen füllte ihre Truppen, die Peschmerga, zügig das Vakuum, das die fliehende irakische Armee hinterlassen hatte.


Als IS dann am 2. August 2014 im Nord-Irak die kurdische, von Jesiden bewohnte Stadt Sindschar angriff, zog die KDP ihre Truppen kampflos ab. US-Geheimdienste bestätigen das. Die IS-Truppen sind die finstersten des islamischen Fundamentalismus. Sie wollen ein Kalifat errichten und uns in die Barbarei zurückwerfen. Zehntausende jesidische Kurden mussten in die Berge von Sindschar fliehen, um sich gegen diese Truppen der Finsternis zu schützen. Und um 1.000 unbewaffnete Jesiden wurden in der Stadt Sindschar massakriert. Laut einiger Berichte soll IS auch 500 Frauen gefangen genommen haben mit der Absicht, sie als Sklavinnen zu verkaufen.

Ein notorisch korrupter  Kommandeur der Peschmerga.
Die Katastrophe hätte verhindert werden können, schreibt Abdullah. Die gegenwärtge nord-irakische kurdische Regionalregierung und ihre Führer haben die Peschmerga nicht angemessen ausgerüstet und trainiert. [...]  Der Chef der christlichen Partei Kurdistans, Younadan Kanna, sagte gegenüber der Sunday Times, die Menschen seien geflohen, weil sie kein Vertrauen hatten, dass die Peschmerga sie beschützen könnten.
"IS möchte sterben, um mit dem Propheten Mohammed zu Mittag essen zu können. Aber die Peschmerga möchten leben, um mit ihren Frauen und Kindern zu Abend essen zu können."

Zu beachten sei auch, sagt Abdullah von Kurdistan Tribune: Der Name von Sirwan Barsani, [Neffe des irakisch-kurdischen Präsidenten Masud Barsani], sei der berüchtigste Name für Korruption in Erbil, dem Sitz der Regierung der Autonomen Region Kurdistan im Irak. Und die Führung irakisch Kurdistans sollte einen ehrenwerteren Menschen als ausgerechnet diesen Mann als Kommandeur der Peschmerga an die Front stellen. Die einfachen Leute glaubten ganz sicher nicht, das dieser Multimillionär sich für sein Land opfern werde.
Abdullah möchte die Peschmerga nicht unterschätzen, aber die Jesiden seien nicht von ihnen gerettet worden.  Sondern die Truppen des türkischen Nord-Kurdistans, der PKK, und die des syrischen West-Kurdistans, der YPG, hätten den Süd-Kurden im Irak gezeigt, dass sie effektiver, zuverlässiger und besser ausgerüstet seien.
"Wir haben das leuchtende Vorbild der YPG aus West-Kurdistan. Die IS konnte in den letzten Monaten nicht einen Zoll ihres Gebietes erobern. [...] Die Entwicklungen der letzten Zeit haben der ganzen Welt gezeigt, dass die kurdische Nation vereint ist und dass sie zusammen gekommen sind, um sich gegenseitig zu stützen in diesen schwierigen Zeiten. [...] Der Schutz von Kurdistan liegt in der Hand der Kurden selber und von niemandem sonst."
[So weit der Herausgeber von Kurdistan Tribune.]
_______________________________________________

Keine Kommentare: