Donnerstag, September 04, 2014

Neurussland. - Wem gehört(e) die Ukraine?

Wem gehört
  • das Elsass? Komm drauf an. Mal den Römern, mal mehr den Ostgoten, mal den Franken, mal dem franzözischen Reich, mal dem Deutschen Reich.
  • Baden? War mal eine freie Republik und heute...
  • Polen? Anfangs wohl den Goten, Vandalen und anderen Stämmen.  Mal war es Herzogtum, mal Königreich, mal wurde es zwischen Hitlers Deutschland und Stalins UdSSR aufgeteilt...
  • Panama? Mal gehörte es zu Kolumbien, dann wurde es zwecks Bau des Panamakanals von US-Konsortien Kolumbien weggenommen:1903 landeten US-Truppen, besetzten das Gebiet und riefen den unabhängigen Staat Panama aus.
  • Nicaragua? Mal gehörte es zum Hinterhof der USA, heute eher nicht mehr so.
  • Der Mond? Dem, der zuerst seine Fahne dort aufzieht/aufzog?
  • Die Erde? Die Bibel und andere Religion sagen: "Die Erde gehört Gott". Mit anderen Worten: "Niemandem". 
Im Ersten Buch Mose der Bibel (Genesis 2,15...) wird es übrigens so ausgedrückt:
"Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte.
Dann gebot Gott, der Herr, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen, doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben." -
Anders ausgedrückt und frei übersetzt
auf unsere Frage: Sobald die Menschen selber entscheiden wollen, welches Stück des Gartens wem "gehört", wird es Mord und Totschlag geben. - So ist es wohl.
 "Wem gehört ...?" ist eine schlechte Frage, weil es die falsche Frage ist. -
Kommt ja drauf an, wen man fragt und wann man wen fragt. -
Vielleicht ist die Frage sinvoller:
  • Wer entscheidet, wem und zu wem ein Land gehört.
Die Antwort ist: ...
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Und "die" Ukraine?
 (> siehe auch)
Den Oligarchen? Welchem der Oligarchen? Den Russen? Welchen Russen?  Der Regierung in Kiew? Denen, die dort wohnen? 

Um 1600 (Quelle)
Anfangs wohnten wohl Slawen dort.
"Die Kiewer Rus war ein mittelalterliches Großreich mit Zentrum in Kiew, das als Vorläuferstaat der heutigen Staaten Russland, Ukraine und Weißrussland angesehen wird." [wilipedia

Später vermischten die Slawen sich auch mit Wikingern u.a., die in diese Gegend kamen. -
Im 13. Jahrhundert stürmten dann die "Goldenen Horden" der Mongolen herbei, auch Tataren/Tartaren genannt ("die aus der Hölle kommen"), die sich - noch später -  die Kiewer Rus mit dem Großfürsten Litauens teilen musste, der dann widerum ein paar hundert Jahre später mit Polen zusammen eine Republik Polen-Litauen bildetet. -
Nach dem Zerfall der Mongolen-Herrschaft bildeten das turksprachige Volk der Krim-Tartaren ein eigenes Reich. Die Gegend um die Krim wurde noch um 1600 von den muslimischen Tartaren regiert: das "Krim-Khanat". - Kriege gingen weiter, mal mit den Osmanen, mit den Russen, mal gab es einen russisch-österreichischen Türkenkrieg (um 1737 herum) bis schließlich die russische Zarin Katarina II. einen Punkt machte und im Jahre 1783 die Krim ins russische Reich eingliederte und das Krim-Khanat ein Ende hatte.
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Und "die" Russen?
  • Das russische Zaren-Reich annektierten die Krim 1783 unter der Zarin Katharina II.
Im 20. Jahrhundert war die Ukraine auch mal mehr oder weniger unabhängig,
  • 1920 marschierte dann die Rote Armee der UdSSR in die gesamte Ukraine ein.
Auch das war noch nicht das Ende der komplizierten Geschichte der Ukraine, die anderswo nachgelesen werden kann.
Die Krim war bis 1954 eine Autonome Sozialistische Sowjetrepublik neben der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik.
Beschluss der UdSSR 1954

  • 1954, nachdem der Ukrainer Nikita Chruschtschow sowjetischer Parteichef geworden war, wurde die bis dahin Autonome Sozialistische Sowjetrepubkik Krim 1954 an die Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik angegliedert. 
Der Sohn Nikita Chruschtschows, Sergej Chruschtschow (in den USA lebender Raumfahrtingenieur und Politologe), vertritt die Meinung, dass die Abgabe der Krim an die Ukraine aus rein ökonomischen, nicht aus politischen, moralischen oder ethnischen Gründen erfolgt sei. Zur damaligen Zeit seien Schifffahrtskanäle von der Wolga zur Krim und ins Donezbecken geplant worden, und es sei planerisch klüger gewesen, nur eine statt zwei Sowjetrepubliken (Russische Föderative und die Ukrainische Republik) mit diesen Vorhaben zu befassen. Für Nikita Chruschtschow war es nicht denkbar, dass die Sowjetunion je auseinanderbrechen und so zwischen Russland und der Ukraine eine Staatsgrenze verlaufen könnte.
         Im Zuge der Auflösung der Sowjetunion 1991 wurde die Ukrainische Sozialistische  Sowjetrepublik am 24. August 1991 in den bestehenden Grenzen, also einschließlich der Krim, zum unabhängigen ukrainischen Staat. - Bei dem Referendum über die Unabhängigkeit der Ukraine vom Dezember 1991 stimmten 54 Prozent der Wähler in der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik der Krim mit „Ja“. [wikipedia] ______________________________________________

Und Putin? Neurussland.
Den Begriff Neurussland hatte Wladimir Putin bereits im April 2014 in einem Interview mit dem russischen TV erklärt:
„Ich bediene mich hier der Terminologie aus Zarenzeiten. Neurussland, das sind Charkow, Lugansk, Donezk, Cherson, Nikolaew, Odessa – diese Städte gehörten zur Zarenzeit nicht zur Ukraine. Die Sowjetregierung übergab diese Gebiete erst in den 1920er Jahren der Ukraine. Gott weiß, warum sie das tat. […] Aus unerfindlichen Gründen ist das Territorium zur Ukraine übergegangen, die Menschen aber sind dort geblieben. Heute sind sie Bürger der Ukraine, aber sie müssen gleichberechtigte Bürger sein.“ [Quelle]
taz? zahl`ich ...
»Die US-amerikanische Journalistin und ehemalige Moskau-Korrespondentin des Guardian, Miriam Elder, schrieb vergangene Woche in einem Artikel auf der Internetseite „BuzzFeed“, dass Putins Thesen zur Ukraine in vielen Punkten mit denen des antikommunistischen Dissidenten und Literaturnobelpreisträgers Alexander Solschenizyn (1918–2008) übereinstimmten.
Solschenizyn 2008
1990, ein Jahr vor dem Zerfall der Sowjetunion, entwickelte Solschenizyn in einem Essay mit dem Titel „Der Wiederaufbau Russlands“ die Idee einer „orthodoxen Russischen Union, die die Ukraine, Weißrussland, Russland und Nordkasachstans vereinen solle. Laut Solschenizyn gehören die Ukraine und Russland zusammen, ebenso wie die „Gebiete, die nie Teil der alten Ukraine waren … Neurussland, die Krim, der Donbass und das Territorium um das Kaspische Meer“.

Ein Jahr vor Solschenizyns Tod im Jahr 2008 besuchte Wladimir Putin ihn zu Hause, um einen Staatspreis für humanitäre Hilfe zu überreichen. Schon möglich, dass Putin Solschenizyn gelesen hat. Fakt aber ist, dass er in Bezug auf die Ostukraine nicht vom Donbass spricht, sondern von Neurussland.« [Quelle]

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Mittwoch, September 03, 2014

"Die Ukraine ist ein hochkorruptes Land"

Kanzlerin Merkel hat neulich ein paar Mal mit dem ukrainischen Präsidenten telefoniert, ihn auch persönlich getroffen, und ihm gesagt, sie habe nichts dagegen, wenn die Ukraine sich entscheide, Mitglied in der Eurasischen Union (bisher: Kasachstan, Russland und Weißrussland) zu werden.- Warum auch nicht...



Was hat die Ukraine bisher selber gemacht, um sich zu reformieren?

Petro Olexijowytsch Poroschenko,
* 26. September 1965 ist ein ukrainischer Unternehmer und seit dem 7. Juni 2014 Staatspräsident der Ukraine. Sein Vermögen erlangte er aus den Gewinnen seiner Unternehmensgruppe Ukrprominvest (u.a. Schokolade, TV-Sender, Auto-, Schiffbau- und Rüstungsunternehmen). 2013 wurde er vom Wirtschaftsmagazin Forbes mit einem geschätzten Vermögen von 1,6 Milliarden US-Dollar auf Platz sieben der ukrainischen Oligarchen gelistet. Im Jahre 2005 wurde laut dem polnischen Nachrichtenmagazin Wprost sein Vermögen noch auf etwa 350 Millionen US-Dollar geschätzt. [wikipedia]

In den 1990er Jahren war lange eine deutsche Beratergruppe in der Ukraine, man hat mit den Präsidenten und den führenden Wirtschaftsleuten gearbeitet - und nichts sei angegangen worden. Die Ukraine habe sich lieber darauf verlassen, dass sie mit Russland gute Geschäfte macht, Sonderkonditionen bekommt z.B. bei den Gaspreisen. Jetzt falle Russland aus und jetzt erwarte die ukrainische Regierung statt dessen vom Westen das Gleiche: "Gebt uns mal was, gebt uns mal was", aber die ukrainische Regierung tue nichts dafür, bekämpfe die Korruption nicht, mache ihre Hausaufgaben nicht.  (So die Journalistin Elfie Siegl).

Ein russischer Politologe habe es in einem Kommentar so formuliert: Wir haben es im Ukraine-Konflikt mit einem Konflikt zu tun zwischen dem russichen Putin auf der einen Seite und "dem kollektiven Putin: Der ukrainischen Oberschicht" auf der anderen Seite.  Beide hätten die gleiche sowjetische Vergangenheit, könnten daher gut miteinander reden. Putin und Poroschenko können gut zusammen essen gehen, sich unterhalten, danach  auseinander gehen und weiterkämpfen. - Das sei für sie normal, "sie haben die gleiche Denkweise und Mentalität".
In der Ukraine sagt man: "Die Oligarchen legen ihre Eier in alle Körperteile".


Bereits bei der Orangenen Revolution (2004) sprach man von einer verlorenen Revolution.

Im Dezember 2013 schrieb Jürgen Roth:
»Dabei hätte es die Zivilgesellschaft in der Ukraine verdient, dass sie nicht wieder von unterschiedlichen Wirtschaftsinteressen instrumentalisiert wird, wie einst nach der orangenen Revolution im Jahr 2004.
Konnte die damals vom Westen bis heute gehuldigte Julia Timoschenko die Hoffnungen auf demokratische Erneuerung erfüllen? Nein. Nur wenige Wochen nach der orangenen Revolution, 2005, wurde Viktor Juschtschenko zum Präsidenten gewählt und Julia Timoschenko als Premierministerin vereidigt.

Bereits drei Monate darauf, warf er der einst von ihm so gelobten Kollegin vor, sie habe ihre Amtszeit missbraucht, um sich der Schulden aus ihrer Zeit als Gas-Unternehmerin in den neunziger Jahren zu entledigen. Es handele sich um insgesamt 1,3 Milliarden Euro. Sie zu entlassen, sei eine Frage der Ehre für ihn gewesen.

Kurz danach, am 8. September 2005, schickte Wiktor Juschtschenko die gesamte Regierung in die Wüste. Das war das Ende des Traums einer demokratischen Erneuerung.

„Die sind alle vernetzt. Sie sind wie Schlangen.“
So umschreibt Grigori Omeltschenko, seit Anfang der neunziger Jahre einer der umtriebigsten Antikorruptionsexperten und ehemaliges Mitglied des ukrainischen Parlaments, die Situation in der Ukraine und trifft den Nagel auf den Kopf. „Sie waren alle beteiligt, haben Geld gewaschen. Das ist ein Teil unserer Geschichte.“ [...]
Noch immer bestimmt das Geld der Oligarchen die gesamte ukrainische Politik auf allen Ebenen, je nach Interessenlagen. Wenn die Euro-Maidan-Bewegung in der Ukraine überhaupt eine Chance haben soll, dann braucht sie Politiker und Politikerinnen, die von diesem System unbelastet sind. Bislang gibt es sie nicht.« _________________________________