Freitag, Februar 19, 2016

Neulich auf der Dom-Platte in Köln. Nach Silvester 2015.

Ich bin im Januar 2016 ein paar Tage in Köln. Ich habe etwas Zeit und beschließe, mir die Weihnachtskrippe im Dom anzuschauen, die noch bis zu Mariä Lichtmess am 2.2.2016 dort ausgestellt sein wird.

Bevor ich die Domplatte betrete denke ich an die Ereignisse vom 31.12.2015: Silvester. Antanzen, Taschendiebstahl. Junge Männer mit arabischem und/oder nordafrikanischem Aussehen. -Ich schaue mich um, wer hinter mir geht.  Ich sehe nach, ob mein Portemonnaie gut gesichert ist...

Dann betrete ich den Dom und gleich hinter dem Haupteingang links finde ich das Ziel meiner Begierde, die Weihnachtskrippe mit der Balkanroute, die dort in diesem Jahr integriert ist:


Ich drehe mich um: 
Hinter mir zwei junge Männer. Dunkle Hautfarbe, schwarze Haare. Alles klar: Arabisch und/oder nordafrikanisch aussehend. Ein dunkles Gefühl überkommt mich. Ich taste nach meinem Portemonnaie. Es ist noch da. Und gut versorgt. Wenn das mal gut geht... Aber ich habe mich gut geschützt. Ich bin nicht naiv. Ich bin gewappnet.

Ich setze meinen Rundgang fort. 
Vor der Schmuck-Madonna aus dem 7 Jahrhundert sehe ich die beiden jungen Männer wieder.


Auf der Webseite des Kölner Domes heißt es über die Schmuck-Madonna:
"Die stets große Zahl brennender Kerzen vor dem Altar bezeugt die fortdauernde Verehrung der Schmuckmadonna durch die Gläubigen. Als Gnadenbild, dem man die Erhörung der vor ihm verrichteten Gebete zuschreibt, wird sie schon lange hoch verehrt. Auch die unzähligen Votivgaben und Schmuckstücke aus dem 19. und 20. Jahrhundert, mit denen die Figur behängt ist, zeugen vom vielfältigen Dank der Gläubigen für Hilfe in schweren Situationen, bei Gefahr und Krankheit."
Ich beobachte die beiden jungen Männer: 
An wessen Geldbörse werden sie sich vergreifen? Wer ist so dumm, seinen Geldbeutel nicht in Sicherheit gebracht zu haben?!

Der eine der beiden jungen Männer geht zu den Teelichtern. Er wirft eine Münze in die Kasse und zündet ein Licht an. Dann stellen sich beide Männer in die erste Reihe vor die Madonna. Der eine faltet die Hände, der zweite lässt beide Hände an den Seiten seines Körpers herunter hängen. Einige Minuten bleiben sie stumm und andächtig vor der Madonna stehen. Dann gehen sie weiter.

  • Ich schäme mich.
  • Ich bin auf die in den Medien erzeugte Hysterie herein gefallen. 
  • An was haben die beiden jungen Männer wohl gedacht, als die vor der Madonna und der Kerze standen, die sie angezündet hatten?  - 
    Sind sie vielleichts selber über die Balkanroute nach Köln gekommen? Sind sie nach Deutschland geflohen so wie die "Madonna" mit ihrem Sohn Jesus vor der Verfolgung durch König Herodes vor über 2000 Jahren von Nazarteh nach Bethlehem flüchten musste?  
  • Ich schäme mich...
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Am selben Tag
 rede ich mit einem prominenten eingeborenen Kölner. Er sagt zu mir:
Du wirst nicht glauben, wie es am kommenden Montag beim Rosenmontag in Köln aussehen wird: Wie im Bürgerkrieg in Syrien. Alle Geschäfte entlang des Rosenmontags-Zuges werden schließen. Sie werden ihre Schaufenster mit Holz-Platten verrammeln. - Und warum kommen denn die die Menschen zu Abertausende am Rosenmontag nach Köln? Sie wollen etwas erleben, Sex-Abenteuer.... Und am Aschermittwoch lassen sie sich dann ihre Sünden vergeben. -
Ich denke: Können das die 10-40 jungen Männer, die am Silvester-Abend auf der Kölner Domplatte junge Frauen angetanzt und angefasst haben eigentlich auch? Oder können das nur deutsche Katholiken, sich ihre Sünden vergeben lassen.

Bei Wikipedia lese ich:
Der Aschermittwoch stellt zugleich auch das Ende der Fastnachtszeit dar. In der Bibel wird der „fleischlich“ gesinnte dem geistlich gesinnten Menschen entgegengestellt (z. B. Röm 8,5 EU). Der auch symbolisch durch Fasten vollzogene Abschied vom Fleisch in der Fastenzeit soll helfen, sich auf das geistliche Leben und somit auf Gott zu besinnen. In der katholischen Kirche ist der Aschermittwoch ein strenger Fasten- und Abstinenztag.
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Einige Tage später lese ich ein Interview mit Wolfgang Niedecken von der Musikgruppe BAP, auch ein eingeborener Kölner, Jahrgang 1951.

Er  sagte zu den Silvester-Vofällen u.a.:

"Wir waren jedenfalls fassungslos, ich dachte: Das kann doch nicht sein. Doch! Es ist tatsächlich in Köln passiert. ...
Sexuelle Gewalt ist nicht zu tolerieren, das ist selbstverständlich. Die Untersuchungen sind aber immer noch nicht abgeschlossen und längst nicht alle Fragen geklärt: Wieso reisen so viele nach Köln, hat das jemand organisiert? Wenn es kriminelle Banden waren, steckt jemand dahinter? Aber da bewege ich mich schon in Richtung Verschwörungstheorien und das möchte ich nicht. Man muss allerdings fragen: Wem nützt das, was in Köln passiert ist? Es nützt der AfD, der Pegida, überhaupt allen Ewiggestrigen. Und dann nützt es auch dem IS. ...

Ich sage nicht, dass der IS dahintersteckt. Aber wenn aus einer Willkommenskultur plötzlich „Ausländer raus!“ wird, dann hätte der IS Deutschland da, wo er uns haben will: der Staat, in dem man Muslime hasst. ... Wenn Menschen vor Krieg fliehen, dann sollte man sich doch auf jeden Fall einig sein, dass man die aufnimmt. Wenn da keine Einigkeit mehr besteht, dann brauche ich auch keine Sonntagsreden mehr, keine Krippenspiele und keine Sankt-Martins-Züge. Dann kann ich auf das alles verzichten. Das wäre dann ein kultureller Offenbarungseid. ...

Da fällt mir sofort Alfred Jahn ein. Der war Chefchirurg der Kinderklinik Landshut und ist nach seiner Pensionierung nach Ruanda gezogen. Er hat etliche ausgebildet, von denen er dachte, dass sie im Land bleiben. Aber die sind alle weggegangen. Er ist dort bis heute der einzige Kinderchirurg. Dabei ist Ruanda noch ein prosperierendes Land. - Jetzt musst du überlegen, wie das erst im Ostkongo ist oder im Südsudan, wo du wirklich nicht sein willst.
[Quelle]
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Sechs Wochen später lese ich in der Süddeutschen Zeitung:
"Die Debatte ist verfahren.
Jeder benutzt eine der vielen Geschichten über Silvester in Köln, um sich bestätigt zu sehen. Immerhin haben wir inzwischen viel über Maghreb-Banden gelernt. Das Wissen könnte helfen, nicht pauschal Flüchtlinge zu verdächtigen, sondern genauer hinzuschauen. 
Es war ein Fehler, diese Banden in Köln und Düsseldorf über Jahre unbehelligt zu lassen. Nun hat die Polizei dazugelernt. Der "Karneval der Underdogs" (so der Philosoph Slavoj Zizek) wurde nur deshalb so heftig gefeiert, weil das Kontrolldefizit an Silvester in Köln für das geübte Auge dieser jungen Männer unübersehbar war. Sie kränkten "uns" bewusst, vermutlich aus einem Gefühl der Rebellion.
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BAP singt auf der aktuellen Platte:

Vision vun Europa
Vun Timbuktu bess Dakhla
jing et fast nur durch Sand,
hingen drop op ‘nem Lastwaare,
ahnfangs noch veezisch Mann.
Doch nit jeder kohm enn Dakhla ahn.

Er un Ben, singe Brooder,
sinn ald lang ungerwähß.
Et ess kalt enn der Wüste naahx,
daachsövver unfassbar heiß,
doch die Freiheit verlangk ihre Preis.

Nur eine Stään ahm Firmament,
sons nur dä Mohnd un die
Vision vun ‘ner Welt, die e‘ nit kennt.
Die Vision vun Europa, die Vision vun Wohlstand un Glöck.

Opjewahße em Terror,
enn ‘nem bankrotte Land.
Dat sich do jet draan ändert,
verjess et, kein Changs.
Nix wie weg, sulang mer noch kann.

He om Cap Malabata
kammer Spanien sinn.
Su wie manch ärme Deufel,
dä he römmlungert, will e‘ dohin.
Wenn Jott will, ess e‘ morje ahm Ziel.

Nur eine Stään ahm Firmament,
sons nur dä Mohnd un die
Vision vun ‘nem Land ahm Horizont.

Nur eine Stään ahm Firmament,
sons nur dä Mohnd un die
Vision vun ‘ner Welt, die e‘ nit kennt.

Die Vision vun Europa, vun Wohlstand un Glöck.
Die Vision vun Würde, die Vision vun Respekt.
Wo all Minsche glisch sinn, ess alles perfekt. Die Naach ess stockdüster, et stürmp un et räänt.