Mittwoch, April 27, 2016

Heiraten, wen man will: Obama, Missions-Schüler und US-Präsident. - Das Christliche Abendland und die Württembergische Evangelische Landeskirche,

I.
Nein, es ist nicht Aufgabe von Christentum und Religionen, 
den Herrschenden und/oder dem Zeitgeist nach dem Munde zu reden. Auch nicht dem Präsidenten Vereinigten Staaten von Amerika,
Aufgabe der Religionen ist es, in ihrer Ethik und ihrem handeln den eigenen Idealen möglichst treu zu bleiben und diese Ideale laut und deutlich auszusprechen, zu "verkündigen", wie es die Religionen nennen.  Das kann dann  mal mit, mal gegen Zeitgeist/Regierungen/Medien geschehen, je nach Lage der Dinge.

II.
Es ist nicht Aufgabe des Christentums, 
Jesus ("Christus") (nur) anzubeten, sondern ihm nachzufolgen (Dietrich Bonhoeffer). Ein Kriterium für ethische christliche Entscheidungen ist: "Was würde Jesus dazu sagen?" (Martin Niemöller). 

Ich denke, so weit sind sich ChristInnen aller Schattierungen und Richtungen in der Theorie einig. (?)


III.
Wenn also ein US-Präsident auf der Hannover-Messe im April 2016 verkündet,
  • [...] „Wir glauben an die Gleichheit und die Würde jedes einzelnen Menschen.
  • In Amerika hat heute jeder die Freiheit zu heiraten, wen er will.
  • Wir glauben an Gerechtigkeit, daran, dass kein Kind je an einem Mückenstich sterben sollte,
  • daran, dass niemand vor Hunger Schmerzen leiden sollte,
  • daran, dass wir zusammen unseren Planeten und die verwundbarsten Völker vor den schlimmsten Folgen des Klimawandels bewahren können. [...]
  • Wir haben das Glück, in der friedlichsten, wohlhabendsten und fortschrittlichsten Epoche der Menschheitsgeschichte zu leben. [...]
  • Auf der ganzen Welt sind wir heute toleranter – mit mehr Chancen für Frauen, für Schwule und Lesben, und wir weisen Bigotterie und Vorurteile zurück. [...]

Der Bischof der Württ. Ev. Kirche
Bild-Quelle
dann muss keine Religion und keine Kirche, auch nicht die württembergische Landeskirche nebst ihrem Bischof July sich an diesen Worten orientieren.
Im Gegenteil, es wäre - ich bleibe in der Theorie - Aufgabe der Religionen, dem Präsidenten zu widersprechen, wenn seine Worte dem zuwider laufen würden, "was Jesus dazu sagen würde" oder was dem roten Faden in der "Heiligen Schrift" widerspricht.


Am Rande: 
Barack Obama ging ab der 5. Klasse auf eine Missionsschule, die er 1979 mit Auszeichnung abschloss:  
"Founded in 1841, Punahou School was originally designed to provide a quality education for the children of Congregational missionaries, allowing them to stay in Hawai`i with their families, instead of being sent away to school. The first class had 15 students.  - Today, this coeducational college preparatory day school, which is non-sectarian and retains a Christian heritage, enrolls over 3,750 students."


IV.
(Fast nur die ev. württembergische Landes-) Kirche mauert weiter
Die Stuttgarter Zeitung schrieb am 26.4.2016:
»Noch gilt in Württemberg, dass Segnungen homosexueller Paare im Gottesdienst nicht zulässig sind. Zwar gibt es auch einzelne Pfarrer und Gemeinden, die sich über das Verbot hinwegsetzen, aber da der Pietismus, der oft die Bibel wortwörtlich interpretiert, hier viel stärker ist als in Baden, bestimmt diese Regel meist den Alltag in den Pfarreien. Ob es zu einer Reform kommt, ist daher zweifelhaft.
„Die Lebendige Gemeinde, die stärkste Gruppe in der Synode, wird da nicht mitmachen“, betont Kern." [Steffen Kern.] [...]
"Allerdings setzt die Entscheidung im Badischen sowie der gesellschaftliche Wandel die Württemberger unter Druck. [...] Die badische Landeskirche lässt zu, dass sich gleichgeschlechtliche Paare vor dem Altar das Ja-Wort geben. Württemberg ist noch nicht so weit. Aber nun erhöht sich der Druck. Baden übernimmt eine Vorreiterrolle
Das Thema rückt spätestens dann [in der Würrtembergischen evangelischen Landeskirche] in den Focus, wenn eine neue Trau-Agende verabschiedet wird. Das soll noch in dieser Legislaturperiode – also bis 2019 – geschehen. „Ich bin optimistisch, dass es bei uns dann zu ähnlichen Regelungen wie in Baden kommt“, sagt Amelie Ellinger von der Offenen Kirche. Diese Gruppe fortschrittlicher Protestanten setzt sich schon seit Jahren für die völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlich Liebender ein, scheiterte bisher aber aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der Synode. «
V.
Das Christliche im Abendland retten
Der baden-württembergische Minister-Präsident Winfried Kretschmann sagte im März 2016 in der Stadthalle Reutlingen: Überrascht sei er immer wieder, wie viele Angst vor dem Islam hätten.
„Aber wer das Abendland retten will, soll sonntags in die Kirche und nicht montags zur Pegida-Demonstration gehen!“ 
 Nun ja. Es kommt offenbar darauf an, in welche Kirche  (und in welche Moschee) man sonntags (bzw. freitags) geht.

Paul Zulehner (Jahrgang 1939; österreichischer Theologe und katholischer Priester; seit 2008 emeritierte Universitätsprofessor; er gehört lt. wikipedia zu den bekanntesten Religionssoziologen Europas) betont immer wieder: 

  • Es wäre aber Verrat an den christlichen Idealen, wenn man aus Angst [...] die Ideale selbst über Bord wirft [...].  
  • Das Wesen nicht nur der christlichen Nächstenliebe ist ja gerade, dass sie die Grenzen von Ethnie, Rasse, Geschlecht, Religion überwindet! 
  • Wer also das christliche Abendland mit unchristlichen Mitteln zu retten versucht, wird seinen Untergang beschleunigen. 
  • Nicht das christliche Abendland ist also zu retten, sondern das Christliche im Abendland.
  • Mehr ist als Ziel nicht realistisch.  
Zulehner:
»Europa ist fraglos durch das Christentum geprägt. Kirchen bildeten bei vielen gesellschaftlichen Errungenschaften die Vorhut. Europäische Bildung verdankt sich den Orden der Kirche. Das Krankenhauswesen hat seine Wurzeln in den christlichen Hospizen.Die Universitäten sind oftmals aus theologischen Einrichtungen herausgewachsen.«
Aber auch:
Das sog. "Christliche Abendland" hat oft das Christliche im Christentum selber bekämpft: Durch Kolonialismus in Afrika, Lateinamerika, Asien, durch 7 Kreuzüge im Morgenland, durch die Folterungen und Morde der Inquisition.... (So wie auch der sog. "Islamische Staat" Krieg gegen den Islam führt.) 

Nicht überall, wo "christlich" draufsteht, ist auch christlich drin. Nicht überall wo "Kirche" draufsteht, ist auch das Christliche in jeder Ecke drin.

"Wir beklagen, dass es im Islam Hassprediger gibt. [...]
Aber es finden sich auch Hassprediger unter den Christinnen und Christen,
in den Kirchengemeinden, an der Kommunionbank." 

(Zulehner S. 155)

Hinzufügen kann man: "Christliche" Hassprediger dürfen in den Schulen ev. und kathol. Religionsunterricht erteilen. In Puncto Menschenrechte und Menschenliebe kann die württembergische Landeskirche mit ihrer Trau-Liturgie (siehe oben) noch etwas nachlegen. Nicht nur die badische Landeskirche geht ihr voran, Würtemberg und Sachsen sind die  Ausnahmen in der EKD. Die württembergische evangelische Landeskirche tadelt die "christlichen" HasspredigerInnen nicht, wenn sie auf den einschlägigen Demonstrationen menschenfeindlichen Hass versprühen. (Zumindest hat man noch nichts darüber in den Medien gelesen oder gehört oder gesehen, oder?)

VI.
Paul Zulehner hat in seinem Buch leider etwas vergessen (??)
Er schreibt:

"Das Wesen nicht nur der christlichen Nächstenliebe ist ja gerade, dass sie die Grenzen von
  • Ethnie,
  • Rasse, 
  • Geschlecht, 
  • Religion überwindet!" 
 Seine Aufzählung ist jedoch unvollständig. 

Hier ist das deutsche Antidiskriminierungsgesetz zu Recht ausführlicher, konkreter in seinen Beispielen:
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
 – umgangssprachlich auch Antidiskriminierungsgesetz genannt –
ist ein deutsches Bundesgesetz, das „Benachteiligungen aus Gründen
  1. der Rasse oder wegen 
  2. der ethnischen Herkunft, 
  3. des Geschlechts, 
  4. der Religion 
  5. oder Weltanschauung, 
  6. einer Behinderung, 
  7. des Alters 
  8. oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll“. 

Justitia. Blind und mit erhobenem Schwert!
Zur Verwirklichung dieses Ziels erhalten die durch das Gesetz geschützten Personen Rechtsansprüche gegen Arbeitgeber und Private, wenn diese ihnen gegenüber gegen die gesetzlichen Diskriminierungsverbote verstoßen.[Quelle]






Leider ist aber auch das AGG in zumindest in einem fundamentalen Punkt lückenhaft: Gegenüber Arbeitgebern und Privaten gibt es bei Diskriminuerung einklagbare Rechts-Ansprüche. - Bei den Kirchen und kirchlichen ArbeitgeberInnen werden Ausnahmen gemacht.
"Nicht das christliche Abendland ist also zu retten, sondern das Christliche im christlichen Abendland."
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Am Rande:
Es gilt auch das Islamische im Islam zu retten. - Dort hat Gott 99 Namen, unter Anderem:

Der Allerbarmer, der Barmherzige, der Großzügige, der Friede, der Verleiher des Friedens,
der gerechte Vergelter
, der Beschützer, der große Verzeiher, der Schutzherr eines Jeden, der Feinfühlige, der Gütige, der Erhörer der Gebete, der Wohltätige, der Öffner der Türe zum Wissen, der ohne dessen Hilfe ich nicht bestehen kann, der Geduldige.... 


Dein Taxifahrer kennt vielleicht alle 99 auswendig. 
Frag` ihn mal.
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Siehe auch:Muss das Morgenland Angst vor der Christianisierung haben?

Übrigens:


WENN SIE anfangen sollten den Koran zu lesen, 
DANN sollten sie nicht vorne anfangen (bei Sure 2), sondern hinten, bei der letzten Sure (Sure 114). 

Warum? 
Hinten im Koran stehen die ältesten Suren. Und die kürzesten, denn die Suren des oran sind der Länge nach geordnet: Die längste zuerst, die kürzeste am Schluss. - Wenn Sie vorne anfangen, werden Sie wahrscheinlich bald das Buch wieder weglegen.

Welchen Koran?:
  1. Der Koran. Neu übertragen von Hartmut Bobzin. 2. Auflage 2015. (17,95€)  Oder:
  2. Der Koran. Übersetzt und eingeleitet von Hans Zirker. 2. Auflage 2012. (14,95€) 
  3. UND:
    Vielleicht sollten Sie vorher noch eine Einführuung in den Koran lesen:
    Nicolai Sinai: Die Heilige Schrift des Islam. 2012. (5,99€)

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