Mittwoch, Juni 01, 2016

Warum beschäftigen wir uns eigentlich mit Kopfbedeckungen - z.B. Kopftüchern - und nicht mit Frankreich und der EU und Ungerechtigkeit, Korruption und Gier?

Rupert Neudeck ist tot. 
(* 14. Mai 1939 in Danzig; † 31. Mai 2016) 

1986

Er war ein Sturkopf. -
Wahrscheinlich weil er im Alter von 6 Jahren mit seiner Mutter von nach Westfalen geflohen war, wo die Leute stur sind. 

Er war ein "Aktivist". Mit einem Muslim zusammen, der heute Vorsitzender der "MuslimInnen in Deutschland" ist (Aiman Mazyek), gründete er 2003 die "Grünhelme".
Er hatte kein Problem, bei humanitären Krisen nach Militär-Interventionen zu rufen. - Das gefällt auch nicht jedem - und jeder - und ist vielleicht nicht immer wirklich hilfreich.

Mit der Unterstützung von Heinrich Böll gründete er 1979 die Initiative "Ein Schiff für Vietnam", und er und seine Mann- und Frauschaft retteten 10.000 vietnamesichen Boat-People das Leben, so sagt und schreibt man. Jede/r Mitarbeiter/in auf der Cap Ananur bekam von ihm "Die Pest" von Camus in die Hand gedrückt. Als Basis-Lektüre.


1992 sagte er:
„Europa will sie nicht mehr haben, die Boatpeople.
Es sind Flüchtlinge, die ihr Glück suchen – also das seit Thomas von Aquin und der Scholastik bis zur U.S.-Constitution („the pursuit of happiness“) verbürgte Menschenrecht einklagen.
Wir werden demnächst noch mehr Bootsflüchtlinge haben.
Das alles wird so lange anhalten, bis wir begriffen haben und es uns eingebleut worden ist mit Faustschlägen:
Wir können so heuchlerisch nicht weiterleben!
Ex occidente luxus – und die übrige Welt guckt in die Röhre.“

Nein:
Nicht das Boot ist voll. Sondern die Gäste des Luxusdampfers möchten - verständlicher Weise - unter sich bleiben. - Wer möchte das nicht? Ihre Armut kotzt mich an. Können Sie uns nicht in Ruhe reisen und genießen lassen?!

Titanic-Magazin 1991
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"In Frankreich demonstrieren die Menschen erbittert gegen Sozial- und Arbeitsmarktreformen. Deutschland schaut weg. Warum?
Von Medien und Politik wird mit blanker Verachtung den Hunderttausenden begegnet, die seit drei Monaten Tag für Tag demonstrieren und öffentliche Orte besetzen. Das Innenministerium nutzt den seit den Novemberanschlägen [2015] immer wieder verlängerten Ausnahmezustand, um Grundrechte außer Kraft zu setzen. Willkürlich ausgesuchten Personen wird unter Androhung einer sechsmonatigen Inhaftierung ein Demonstrationsverbot erteilt.
Gegen Demonstranten und Streikende setzt die Polizei systematisch Tränengas, Gummigeschosse und Granaten ein. [...] Gewerkschaftslokale werden verwüstet, Jugendliche zu haarsträubenden Strafen im Eilverfahren verurteilt. Trotz alledem nehmen die Streiks und Blockaden zu, und an der lästigen Güterknappheit, die sie verursachen, geben 62 Prozent der Bevölkerung der Regierung die Schuld. Nun drängen sich einige Fragen auf: Wo bleiben die empörten Reaktionen aus Deutschland?"
Fragt der französische Philosoph Paoli.

Kein Spielfilm ....

"Eine sozialdemokratische Regierung beschneidet Arbeitnehmerrechte, wie es vor ihr keine konservative Regierung gewagt hat. 
  • Sie klammert sich an ein Gesetz, das von Dreiviertel der Bevölkerung abgelehnt wird.
  • Da sich dafür nicht einmal im Parlament eine Mehrheit findet, setzt sie es ohne Abstimmung durch.
  • Dafür wird ein Verfassungsparagraf angewendet, den Hollande eine „Demokratieverweigerung“ nannte, als er noch in der Opposition war.
Von Medien und Politik wird mit blanker Verachtung den Hunderttausenden begegnet, die seit drei Monaten Tag für Tag demonstrieren und öffentliche Orte besetzen. 

Das Innenministerium nutzt den seit den Novemberanschlägen immer wieder verlängerten Ausnahmezustand, um Grundrechte außer Kraft zu setzen. Willkürlich ausgesuchten Personen wird unter Androhung einer sechsmonatigen Inhaftierung ein Demonstrationsverbot erteilt.
Gegen Demonstranten und Streikende setzt die Polizei systematisch Tränengas, Gummigeschosse und Granaten ein. Seit Freitag schwebt ein Journalist in Lebensgefahr, nachdem ihn ein Polizist grundlos mit einer Granate beschoss. Gewerkschaftslokale werden verwüstet, Jugendliche zu haarsträubenden Strafen im Eilverfahren verurteilt.
 
Trotz alledem nehmen die Streiks und Blockaden zu, und an der lästigen Güterknappheit, die sie verursachen, geben 62 Prozent der Bevölkerung der Regierung die Schuld. Nun drängen sich einige Fragen auf: 

Wo bleiben die empörten Reaktionen aus Deutschland?
Warum wird nicht vor der französischen Botschaft protestiert? Ist nicht die Bundesregierung verpflichtet, die Einhaltung der Menschenrechte in EU-Mitgliedsstaaten zu prüfen? Im Netz sind Szenen der Polizeigewalt dokumentiert, die man sonst aus Moskau oder Istanbul kennt. Sie sorgen zu Recht für Entrüstung. Aber warum nicht, wenn sie aus Paris oder Nantes stammen?"

Fragt Philosop Paoli.
Quelle - Ein schöner Beitrag

Paoli:
"Im Grunde haben die meisten Journalisten, Analysten und Experten Deutschlands Verständnis für Hollande. Seine Mittel mögen nicht ganz koscher sein (ach, die Kommunikationsdefizite, die fehlende Konsenskultur!), aber sein Zweck ist heilig.

Er will ja die Agenda 2010 in Frankreich endlich durchsetzen, und wer würde bestreiten, dass die schmerzhafte Kur nötig und erfolgreich ist?
Ob Mitte-links oder Mitte-rechts, alle sind davon überzeugt: Zugunsten aller siegte im Jahr 2003 in Deutschland die ökonomische Vernunft über ideologische Grabenkämpfe.

Herablassend wird auf die gallischen Nachbarn geschaut: Denen geht es nicht so gut wie uns, weil sie gezögert haben, rechtzeitig die nötigen Reformen einzuleiten. Eine Agenda 2010 sei so etwas wie ein Beschneidungsritual: Sie tut weh, danach ist man aber erwachsen. Dagegen protestieren nur schwer erziehbare, veränderungsscheue Kinder. Ab und an muss die Rute ran.

Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass die führende Wirtschaftsposition Deutschlands der Agenda 2010 gar nichts schuldet. Sie hat vielmehr mit Merkantilismus zu tun, mit dem Deal zwischen Industrie und Gewerkschaften (wir lagern nicht aus, ihr verzichtet auf höhere Löhne), mit dem darauffolgenden Exportboom.
Ohne rot-grüne Reformen wäre das Ergebnis kaum anders ausgefallen. Dumm nur, dass lediglich einer Exportweltmeister sein kann. 
Das Erfolgsmodell lässt sich nicht nachahmen. Wohl aber Hartz IV, 1-Euro-Jobs und prekäre Arbeitsverträge. So etwas kann immer geklont werden, vorausgesetzt, Sozialdemokraten regieren.
Es ist der seltsame und einzige Mut von Hollande wie damals von Schröder, lieber dem politischen Tod entgegenzugehen, als auf ihre Reformen zu verzichten.
Wenn die Sozialdemokratie ein Insekt wäre, dann eine männliche Gottesanbeterin. Nach der Paarung wird sie aufgefressen. Ihre Funktion besteht darin, den sozialen Organismus mit wirtschaftsliberalen Maßnahmen zu bespritzen. Hinterher bleiben nur noch die leeren Hülsen der SPD und der PS. "
[Quelle]
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Ok.
Reden wir über Kleidungsstücke.
Das kann auch interssant sein:

Quelle: Google-Suche "Kopftuch"
Quelle: Google-Suche "Krawatte"
Quelle: Dorothee Sölle, Im Haus des Menschenfressers, rowohlt 1981

"Auf einem Foto aus dem Hause Rheinmetall
zähle ich fünf Lebewesen und sieben Geschosse
Die Lebewesen sind mit Anzug, weißem Hemd und Schlips bekleidet
  • daraus entnehme ich daß es Männer sind -
Ihr Haarwuchs rangiert zwischen noch voll, gelichtet und dünn
  • daraus entnehme ich, daß sie zwischen Ende Dreißig und Mitte Fünfzig sind-
Alle bis auf einen haben die oberen Schneidezähne entblößt
  • daraus entnehme ich daß sie ein gutes Geschäft abgeschlossen haben-
Alle halten mit der Rechten oder mit beiden Händen
die von ihnen produzierten Waffen innig stolz oder kumpelhaft fest
  • daraus entnehme ich daß sie Waffen lieben-
Der innigen stolzen oder kumpelhaften Bewegung entnehme ich außerdem
daß sie gern einen bombenhaften Penis hätten
Alle hier sichtbaren Repräsentanten des Rüstungskonzerns
(mit Ausnahme des nicht Lächelnden der den Mund dümmlich offenhält)
wirken dynamisch, genau und entschlossen auf mich
  • Daraus entnehme ich daß sie mein deutsches Schicksal lenken werden.
wie bereits zweimal in diesem [20.] Jahrhundert---
sofern wir sie nicht entmachten."
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Oder vielleicht ein Schlips -Verbot? 

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