Dienstag, Mai 30, 2017

Die AfD, der Evangelische Kirchentag in Berlin, Bischof Dröge und die Dialoge


»Eigentlich hat Anette Schultner noch gar nichts gesagt. Zumindest nichts Kontroverses.

"Jeder einzelne Mensch ist gottgewollt", sagt sie, die Sprecherin der Christen in der AfD. Welcher Kirchentagsbesucher würde ihr da schon widersprechen?

Doch es dauert keine fünf Minuten, da kommt der erste Protest. "We shall overvome", singen einige Zuschauer in der Sophienkirche, dem Schauplatz dieser Diskussionsrunde in Berlin-Mitte. "We shall overcome some day…"

Unruhe bei den etwa 500 Besuchern. Vereinzelt Pfiffe.[...] Über Angela Merkels Flüchtlingspolitik habe sie sich geärgert. "Frau Merkel hat die Grenzen geöffnet. Unkontrollierte Zuwanderung ist ein Problem."

Markus Dröge, dem Berliner Landesbischof auf dem Podium, entgleiten kurz die Gesichtszüge. Aber er hat sich vorgenommen, sich nicht provozieren zu lassen. Wer so etwas sage, sei nicht glaubwürdig.

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"Es ist nicht glaubwürdig, sich in der AfD zu engagieren, denn es steht kein christliches Menschenbild im AfD-Programm", sagt er. [...]

Zwei Stunden dauert die Diskussion. Hart und fair sei sie gewesen, sagt Bischof Dröge hinterher. "Es ist herausgekommen, dass wir sehr unterschiedliche Auffassungen haben."[...]

Mit Konfrontation endet die Veranstaltung dann auch. Ganz am Ende, die Moderatorin versucht gerade, etwas Versöhnliches zu sagen, stürmt ein 16-jähriger ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer nach vorne. Er hängt ein "Kein Mensch ist illegal"-Shirt über die Kanzel und fängt an, zu predigen. "Tue Deinen Mund auf für die Stummen", ruft er - ein Zitat einer Predigt aus dem November 1938.« [Quelle]

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Und danach I:

»EKD-Ratschef Bedford-Strohm verteidigt Dialog mit AfD-Vertretern auf dem Kirchentag. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, verteidigt Diskussionen beim Evangelischen Kirchentag mit AfD-Vertretern ebenso wie einen Dialog mit Atheisten. „Es ist richtig, dass man Dialoge führt“, sagte der Theologe. [...]
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„Ebenso wie der Kirchentag hat die EKD klar gemacht, dass sich Gesprächsbereitschaft nicht an irgendeiner Parteizugehörigkeit ausmacht, sondern an den Inhalten, die jeder einzelne vertritt“, unterstrich Bedford-Strohm.
Eine rote Linie sei aber überschritten, „wo menschenfeindliche Einstellungen wie Rassismus oder Antisemitismus vertreten werden“ oder der Natio­nalsozialismus vertreten oder verherrlicht werde. Er betonte: „Wir wollen nicht Menschen, die sich von populistischen Aussagen angezogen fühlen, weiter in diese Richtung drängen, indem wir das Gespräch verweigern.“

Die Entscheidung des Kirchentags, anders als der Katholikentag im vergangenen Jahr AfD-Vertreter nicht grundsätzlich auszuschließen, hatte für Diskussionen gesorgt. „Wir wollen nicht, dass in offener Weise Positionen vertreten werden, von denen wir glauben, dass sie gegen die Menschenwürde verstoßen.“ Es sei aber „Tradition des Kirchentags, andere Positionen auszuhalten“. Das müsse auch für AfD-Vertreter gelten.« [Quelle]


Anmerkung:
  1. Eine rote Linie sei aber überschritten, „wo menschenfeindliche Einstellungen wie Rassismus oder Antisemitismus vertreten werden“, sagt der Ratsvorsitzende. Bei dieser Aussage wünscht man sich von einem christlichen Bischof und Theologen nicht eine politisch-korrekte, sondern eine biblische Begründung. Diese wäre sicher leicht zu führen. Ohne diese Begründung bleibt das Argument richtig, aber in diesem Kontext schwach.
  2. "oder der Natio­nalsozialismus vertreten oder verherrlicht werde...". Auch das ist eine nach dem Grundgesetz korrekte Argumentation eines Bürgers, aber keine christliche oder theologische. Nur diese könnte in diesem Zusammenhang ChristInnen überzeugen.
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Und danach II:
Bildquelle: rbb-Abendschau
Bischof Dröge hatte eine Gesprächspartnerin, die nun wirklich keine Ahnung vom christlichen Glauben hatte.

Man kann sagen: Insofern hatte der Bischof  eine leichte Sparringspartnerin.
Die AfD hat kein Schwergewicht in den "Dialog" geschickt, sondern ein Fliegengewicht. Wenn Herr Gauland gekommen wäre, der  früher in der CDU war, wäre es vielleicht noch spannender gewesen.

Frau Schultner: "Es wäre auch in der Bibel völlig undenkbar gewesen, dass ein Fremder in ein anderes Land geht und dort die gleichen Rechte reklamiert wie die, die dort schon leben." Na, da würde man doch Frau Schultner mal die Bibel-Lektüre empfehlen, zum Beispiel das Buch Ruth im Alten Testament, oder die Geschichte von Joseph (aus Israel, der dann rechte Hand des Pharao in Ägypten wurde) und seinen Brüdern.  Auch könnte man Frau Schultner empfehlen, etwas im Neuen Testament zu blättern und z.B. das Gleichnis Jesu vom Barmherzigen Samariter zu lesen. Im Anschluss an dieses Gleichnis fragt Jesus: "Was meinst du: Wer von diesen dreien hat sich als der Nächste dessen erwiesen, der von den Räubern überfallen wurde?" -

Und die Antwort ist selbsterklärend: Der Ausländer, der Fremde, er wird ins das Himmelreich kommen und nicht der Einheimische und Gleichgläubige. Nein, die Nation, das Blut, die Rasse, die Kultur, ist in der Bibel und im Christentum nicht das Kriterium für Heil und Unheil. 
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Und danach III:
In dem o.g. Beitrag von rbb sieht und hört man, wie AfD-Fans christliche Nächstenliebe interpretieren: "Nächstenliebe ist Nächstenliebe. Nicht Fremdenliebe". 
Quelle: rbb a.a.O.

Haha. Auch hier empfiehlt sich ein Blick in das Neue Testament:

Lutherbibel 1912 Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen.
Textbibel 1899
Ich aber sage euch: liebet eure Feinde und betet für eure Verfolger.
Modernisiert Text
Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen...


Bischof Dröge: "Kein Mensch sagt, dass wir die ganze Welt lieben sollen und nach Deutschland holen. Also das ist doch wirklich, das stimmt ja gar nicht. Sondern ich habe gesagt: Diese Nächstenliebe, wie sie in der Bergpredigt steht, ist ein Zielpunkt, ein Orientierungspunkt mit einem superhohen Anspruch. Das heißt aber, dass wir als Christen versuchen müssen, eine verantwortliche Politik  mit zu gestalten."

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