Samstag, Dezember 23, 2017

SPD: Die Deutsche Sozialdemokratie erweise/ erweist sich als unfähig

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Jean Jaurès; 
(geboren am 3. September 1859 in Castres, Tarn, Frankreich; gestorben am 31. Juli 1914 in Paris) war ein französischer Historiker und sozialistischer Politiker sowie in seinem Heimatland einer der bekanntesten Vertreter des Reformsozialismus am Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts.
Er wurde am 31. Juli 1914 (und damit unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkriegs) von einem französischen Nationalisten ermordet.

Siehe auch:

Die GroKo und die SPD - "Wir sind die stärkste der Partei`n"

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Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) bezeichnet sich seit dem Godesberger Programm von 1959 als „linke Volkspartei“.

Als erste Vorläufer der Partei gelten
  1. der 1863 gegründete Allgemeine Deutsche Arbeiterverein. Maßgeblicher Gründer war Ferdinand Lassalle. Der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein (ADAV) war die erste Massenpartei der deutschen Arbeiterbewegung. Er wurde am 23. Mai 1863 in Leipzig/Königreich Sachsen gegründet:

  2. Und die 1869 gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) war eine von mehreren Vorläuferparteien der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Sie wurde am 8. August 1869 auf wesentliche Initiative von August Bebel und Wilhelm Liebknecht in Eisenach gegründet :
  • und beide bestanden bis zu ihrer Fusion zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) auf dem Vereinigungsparteitag in Gotha Ende Mai 1875:

  • Ihren heutigen Namen SPD gab die Partei sich 1890.
    Sie wird häufig als älteste noch bestehende Partei Deutschlands bezeichnet. [wikipedia]
Quelle
August Bebel, Wilhelm Liebknecht, Karl Marx, Carl-Wilhelm Tölcke, Ferdinand Lasalle
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Die Sozialistische Internationale

hat ihre Wurzeln in der von Karl Marx angeregten Internationalen Arbeiterassoziation, die am 28. September 1864 gegründet wurde, (die aber 1872 zerbrach und sich bis 1876 auflöste.) --- Sechs Jahre nach Marx’ Tod (1883) wurde am 20. Juli 1889 in Paris die Zweite Internationale gegründet, in deren Tradition sich die heutige Sozialistische Internationale sieht.

Diese Gründung war das Ergebnis des am 14. Juli 1889 (dem bewusst gewählten 100. Jahrestag des Beginns der Französischen Revolution) einberufenen Internationalen Sozialistenkongresses, an dem etwa 400 Delegierte aus 20 Staaten bzw. rund 300 verschiedenen Arbeiterorganisationen und -parteien teilnahmen. 
Der Kongress war wesentlich von Friedrich Engels, der Marx’ ideelles Erbe übernommen hatte, angeregt und von London aus mit vorbereitet worden, auch wenn der zu diesem Zeitpunkt knapp 69-jährige Engels nicht persönlich daran teilnahm.


In ihren frühen Jahren – bis ins beginnende 20. Jahrhundert – setzte sich die Internationale weltweit
  • vor allem gegen den sich mit einer imperialistischen Kolonialpolitik 
  • verschärfenden Nationalismus 
  • und die Aufrüstungspolitik in den Staaten Europas 
  • sowie für die Stärkung der Arbeiterbewegung ein. 
  • Die Ausrufung des 1. Mai als internationaler „Kampftag der Arbeiterklasse“ im Jahr 1889 
  • und ursprünglich des 19. März (heute 8. März) als Internationaler Frauentag im Jahr 1910
wirken bis heute nach.

Im diplomatischen Prozess fiel besonders Jean Jaurès eine tragende Rolle zu: Er setzte sich bis zu seiner Ermordung am 31. Juli 1914 für eine Aussöhnung zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich ein. 
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Zurück zu Jean Jaurès 1904

Jean Jaures war der aufsteigende Führer der französischen Sozialisten, als er auf dem Amsterdamer Kongress der Sozialistischen Internationale 1904 der deutschen Sozialdemokratie vorhielt, dass sie, so bewundernswürdig sie mit all ihren scharfsinnigen Denkern und ihrer «wohlgegliederten und machtvollen Organisation» sei, sich als unfähig erweise, die «kolossale Macht von drei Millionen Stimmen», die sie bei den letzten Wahlen [16. Juni 1903/ 31,7% der Stimmen/ = stärkste Partei ebenso wie auch 1907 und 1912] erhalten hatte, «in die politische Aktion umzusetzen». 

Quelle (Seite 444f, München 2017)
Alle die «Formeln, die euch Genosse Kautsky bis ans Ende seiner Tage liefern wird», könnten die Tatsache nicht überspielen, 
  • dass die deutschen Genossen «die beiden wesentlichen Mittel der proletarischen Aktion» nicht beherrschten -
  1. «weder die revolutionäre, 
  2. noch die parlamentarische Aktion».  
Jaures machte damit auf eine Schwäche der deutschen Sozialdemokratie aufmerksam: 
  • ihre Unfähigkeit, innerhalb oder außerhalb des Parlaments Bündnisse einzugehen und auf dieser Basis eine positive, bewegliche, offensive Politik zu treiben. 
Grundlage dieser Immobilität war vor allem die von Bebel wie Kautsky vertretene Einschätzung, dass mit einer selbständigen Rolle des liberalen Bürgertums oder eines progressiv gesinnten Kleinbürgertums bei der Durchsetzung einer demokratischen Ordnung nach allen Erfahrungen in Deutschland nicht zu rechnen sei. 

  • Eben aus dieser Einschätzung erklärten sich die monomane Fixierung auf das eigene Wachstum, aber auch die Inkonsequenzen bei der Werbung unter den kleinbürgerlichen und agrarischen Klassen. 
Wenn Kautsky erklärte, dass 70 % der Bevölkerung in nicht zu ferner Zukunft ohnehin zum «Proletariat» zu rechnen seien, und wenn Engels' Satz «Wer Proletarier schafft, der schafft auch Sozialdemokraten» als axiomatisch galt - dann war man genau bei jener immobilen Politik des revolutionären «Attentismus» angelangt, den Jaures seinen deutschen Genossen zu Recht vorwarf. 

Aber als Bebel zu einer feierlichen Entgegnung erhob, da hatte er auch nicht gerade unrecht, wenn er seinen französischen Widerpart Jaures rhetorisch fragte, was er denn eigentlich «von uns nach dem Drei-Millionen-Sieg erwartet» habe: 
  • «Sollten wir etwa die drei Millionen mobilmachen und vor das königliche Schloss ziehen, um den Kaiser abzusetzen? ... Bei uns reichen drei Millionen eben nicht. 
  • Aber lassen Sie uns sieben und acht Millionen haben, dann wollen wir weitersehen.» Was immer der Gegner an Gesetzen gegen die Sozialdemokratie einbringe, «wir kommen dabei in die Höhe»..
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  Die SPD erreichte bei der Bundestagswahl 1972 45,8 % der Stimmen (= über 17 Millionen)
  • die CDU 44,9 % / die FDP 8,4 % / Sonstige 0,9 %. 
  • Wahlbeteiligung: 91,11 %
  • GroKo fiktiv = 90,7%
Die SPD erreichte bei der Bundestagswahl 2017 20,5 % der Stimmen (9,5 Millionen)
  • die CDU/CSU 32,9 % / die FDP 10,7 % / Grüne 8,9 % / Die Linke 9,2 % / AfD 12,6 % / Sonstige 5,0 % .
  • Wahlbeteiligung: 76,16 % 
  • GroKo fiktiv = 53,4 %
Aber lassen Sie uns sieben und acht Millionen haben, dann wollen wir weitersehen.» Was immer der Gegner an Gesetzen gegen die Sozialdemokratie einbringe, «wir kommen dabei in die Höhe»..
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Was sagt uns das heute?
2017 ist nicht 1904.
Trotzdem gibt es verblüffende Ähnlichkeiten.
  • Jaures machte damit auf eine Schwäche der deutschen Sozialdemokratie aufmerksam:
    • ihre Unfähigkeit, innerhalb oder außerhalb des Parlaments Bündnisse einzugehen und auf dieser Basis eine positive, bewegliche, offensive Politik zu treiben.
    • ... die monomane Fixierung auf das eigene Wachstum, aber auch die Inkonsequenzen bei der Werbung unter den kleinbürgerlichen und agrarischen Klassen.  
Die monomane Fixierung auf das Wachstum.  SPD-Kanzlerkandidat versuchte 2017 mal dieses mal jenes. Heute hier, morgen dort. Mal die Hartz-IV-Regelungen rückgangig machen (ein großer Erfolg), dann: sie nur ein bisschen rückgängig machen. Mal auf keinen Fall Große Koalition mit der CDU, dann doch wieder sondieren (kein großer Erfolg). Dann: Mehr Europa. (Kein Erfolg, immerhin war das Thema Europa bedeutsamer als sein erstes Lieblingsthema "Ich bin der kleine Mann aus Würselen".

Ihre Erfolge hatte die SPD zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit klaren eigenen inhaltlichen Aussagen, die nicht nach den anderen Parteien und deren Erfolgen zielten. (Ebenso übrigens der damalige Sozialdemokrat Lenin in Russland mit seinen zentralen zündenden Forderungen: Sofortiger Friede und Ausstieg aus dem Weltkrieg / Sturz der Übergangsregierung/ Brot für die Hungernden. - Okay..., wie es dann weiter ging in Russland ist ein eigenes Thema.)
Heute möchte sich die SPD damit profilieren, eine Partei der Mitte zu sein und keine "Linke Volkspartei". Sie möchte nicht, dass die AfD zur neuen ArbeiterInnen-Partei wird (ein legitimer frommer Wunsch, wenn man das gerne selber mal war). Sie möchte gerne wieder mehr Stimmen haben (wer möchte das nicht?). Doch das funktioniert nur mit Inhalten, die die Menschen aktuell bedrücken und gelöst haben wollen und mit einer Persönlichkeit an der Spitze der Partei, die diese Inhalte glaubwürdig vertritt.
  • In den USA und England  sind das auf "sozialdemokratischer" Seite aktuell Bernie Sanders und Jeremy Corbyn.
  • In Frankreich war das vor gut 100 Jahren Jean Jaurès,
  • in Deutschland Ferdinand Lasalle und August Bebel, später Willy Brandt.
 (Fortsetzung folgt)










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